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Loriot: «Hasch – oder entspannt ins Jenseits»

25 Aug

Mein Gepäck wirkte wohl etwas plump, als ich die Grenze passierte. Der Zollbeamte im Zug Istanbul-München wünschte jedenfalls hineinzusehen. Nicht in den Handkoffer, der getragene Unterwäsche und mein Waschzeug barg, sondern in den groben Leinensack, der die zwei freien Plätze meines Polsterklasseabteils einnahm (ich hatte den Sack seines Gewichtes und eines chronischen Bandscheibenschadens wegen beim besten Willen nicht in die Gepäckablage heben können).

«Was ist das», sagte der Beamte, nachdem er den Hanfstrick gelöst und hineingefasst hatte. «Hasch», sagte ich, «anderthalb Zentner, hochfein». «Natürlich, natürlich», sagte er und kostete vorsichtig etwas mit der Zungenspitze. «Langen Sie nur tüchtig zu», sagte ich höflich und blätterte in der ‘Süddeutschen’. Er kostete vorsichtig von Salzburg bis Rosenheim. Er saß mir schräg gegenüber, sah sehr glücklich aus und begann sich zu entkleiden. «Ich bin eine Kohlmeise», sagte der Beamte deutlich und legte als letztes sein Hemd ab. Dann machte er die ersten Flugbewegungen mit den Ellenbogen.

Kurz vor München öffnete ich das Fenster. Er erhob sich und flatterte hinaus. Ich sah, wie er in einem leichten Bogen nach Westen strich, jubilierend über die Wipfel eines Hochwaldes stieg und sich im Himmel verlor. Ohne jede Verspätung fuhr der Zug um 16 Uhr 31 in Münchens Hauptbahnhof ein.

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