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Jacques Wraques: «Züge sind ein Kreuz»

25 Mar

Jacques Wraques: «Züge sind ein Kreuz»
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Vorsichtig gaben drei offensichtlich etwas übereifrige Reisenonnen vom Orden der rosinengesichtigen Zisterzienser(*)innen bzw. außen im Jahre 1895 jeweils 2cl Aquavit tröpfchenweise in ihre dampfenden Kaffeebecher, opferten nach dem Trunk einen gleichermaßen höflichen wie komplett arglosen Fahrkartenschaffner – von der Anmutung her vielleicht einen Hauch zu rustikal – den Göttern und fragten sich, als es später im Gare Montparnasse unweigerlich zum großen Knall kam, erstaunt, ob das eine mit dem anderen möglicherweise etwas zu tun gehabt haben könnte.

Auch Historiker, wie der Autor Jacques Wraques einer ist, fragen sich das bis heute. Ergebnis: offen. Wer mehr über die gallische Mentalität, aber auch wie es zu einem Ereignis wie das der französischen Revolution überhaupt hatte kommen können, erfahren möchte, wird um Jacques Wraques bemerkenswertes Standardwerk «Züge sind ein Kreuz – Über die christliche Betrachtung des Abendlandes anhand des Fallbeispiels Eisenbahn» nicht herumkommen. Wichtig ist, daß wir alle nicht mehr länger die Augen vor dem verschließen, was im Spätherbst 1895 als mutmaßliche «große Nachwehe des Wirkens Napoleon Bonapartes» im Pariser Gare Montparnasse wirklich geschah. Darüber hätten wir alle ohnehin schon längst reden müssen. Das dies nun endlich geschieht, ist ein Verdienst, auf das die «Pisa Publishing Group – Der ethische Sachbuchverlag» durchaus stolz sein kann.

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Martha Krippenreuther: «Im Sturme fliegende Herzöge»

23 Mar

Martha Krippenreuther: «Im Sturme fliegende Herzöge»
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Mit einem Katapult gen Himmel geschossene Herzöge (und/oder auch Bischöfe), das wußten und praktizierten bereits die Römer, weisen neben ein etwas an Kalbfleisch erinnerndes zartes Grillaroma auch eine besonders feierlich-zuvorkommende Flugbahn auf, wenn sich dieser Vorgang während eines veritablen Sturmes vollzieht. Nicht umsonst wird Martha Krippenreuthers fesselnder Debütroman von zwei veganen Kochrezepten mit Zeitreisecharakter einfühlsam eskortiert. Eine klassische Win-Win-Situation, die nicht nur gehirntechnisch die schlappen Schwaderlappen ordentlich auf Vordermann bringt, sondern auch dank lebenslanger freier Durchfahrtsrechte für jeden eintausendsten Leser(*)innen bzw. außen durch die Sixtinische Kapellenstrasse im kalifornischen Disneyland zusätzlich aufgewertet wird.

Inhaltlich geht es um schwarze Wurmlöcher, farbige Spiralnebel, oktogonale Aspirintabletten, mittelalterliche Artigkeiten und andere christliche Verhütungs- und Abtreibungsmethoden, die seit Franziskus I hinter dem kosmischen Ereignishorizont ganz offiziell päpstlichen Segen genießen. Alles in allem ein langlockdowntaugliches Werk, das gerade Befürworter(*)innen bzw. außen der gepflegten Zahnpflege, quatsch, Zwangsinterpretation den einen oder anderen (extraterristrischen) Mentalorgasmus mit literarischem Mehrwert bescheren dürfte. Fazit: Nunc est bibendi et numerus clausus.

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Dr. Ruth Westheimer: «Nuts, Fruits & Cakes»

18 Dec

Dr. Ruth Westheimer: «Nuts, Fruits & Cakes»
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Über die Grande Dame des globalen Sexualkundeunterrichts muß eigentlich nicht mehr viel gesagt werden, außer, daß sie das «älteste Thema der Welt» (Konfuzius) mal wieder von einem völlig neuen Blickwinkel (Kopernikus) aus betrachtet. Sie verschmelzt Schlüsselbilder der Kunstgeschichte (Albrecht Dürer) mit Klassikern der italienischen Gastronomie (Eisdiele Venezia) zu einer sinnlich-schmackhaft-verbal-kulinarischen Mélange, die man normalerweise nur in den Werken eines William S. Burroughs oder dem Johannes Evangelium zu finden vermag. So wundert es auch nicht, daß UNO, NATO, WHO (u.v.a.m.) auf Betreiben Dr. Ruth Westheimers auf ihrer letzten gemeinsamen Vollversammlung Füßen nun endlich auch den Status von Händen zuerkannt haben. Ein riesen Schritt im Kampf gegen Faustfeuerwaffen, Gleichgewichtsstörungen sowie die Diskriminierung einzelner Körperteile. «Der ethische Sachbuchverlag ‹Pisa Publishing Group›» kann sich glücklich schätzen, dieses außergewöhnliche Meisterwerk im aktuellen Verlagsprogramm präsentieren zu dürfen. Prädikat: Schmackhafte Notwendigkeit.

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Simone Hack: «Fisch gleich Siebenbach plus null»

14 Dec

Simone Hack: «Fisch gleich Siebenbach plus null»
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Was passiert, wenn sowohl Fräulein Fisch als auch Herr Siebenbach zeitgleich in den Deutschen Bundestag gewählt werden, läßt sich nicht genau sagen, weil dieses Szenario nicht Gegenstand des hier gegenständlichen Romans ist, obwohl sich die Autor(*)innen bzw. außen namens Simone Hack alle Mühe gibt, den Eindruck zu erwecken, als ob dem dennoch so sey. Sexy? Nein. Vielmehr geht es um verklausulierte Mathematik, um horrende Staatsschulden, um das kleine Einmaleins, um das große Glück im kleinen Schrebergarten von nebenan, um das große Ganze im ganz kleinen Kleinhirn: Fräulein Fisch steht für die Zahl «7». Herr Siebenbach steht für die Zahl «7». Allerdings ist es eine andere «7» mit einer anderen mathematischen und auch emotionalen Bezugsgröße, weshalb in Wirklichkeit «Fisch ungleich Siebenbach plus null» ist – was wiederum die Mathematiker und Astrophysiker, allen voran Prof. Dr. Harald Lesch, auf den Plan rufen, denn es bedeutet, daß die Erzählebenen in diesem Roman permanent hin und her springen, schwarze Löcher unermüdlich Energiefelder ein- und wieder ausatmen; und zwar so lange, bis den Leser(*)innen bzw. außen ganz schwindelig geworden ist, sie instinktiv ihre Autos stehen lassen, nur noch ungeschälte Salatgurken verspeisen, mit ihren Fahrrädern zielstrebig die Widerstände von Schaufenstern diverser Metzgereien dieser Welt durchbrechen, um zwischen frisch geschnittenen und zart grunzenden Wurstscheiben ihren inneren Frieden zu finden. Ausgerechnet in diesen Auslagen lernen sie und dadurch auch wir (irgendwie zwangsweise) das «richtige» Fräulein Fisch im bedauerlicherweise «falschen» Herrn Siebenbach kennen. Es kommt zu massiven Beziehungsproblemen und Kindern, die Torben, Janik oder einfach nur Erika heißen. Theodor W. Adorno, Albert W. Einstein, aber auch der bis heute im Exil naturbewußt lebende Kaiser W. II, sie alle hätten das soo bestimmt nicht gewollt. Ein Buch, das uns schonungslos die Augen öffnet – und zum Nachdenken anregt! Auch, weil sich schwarze Menschen ob der schwarzen Buchstaben auf weißem Untergrund – und zwar trotz der fröhlichen und hinreichend divers anmutenden Farbkleckse auf dem Buchumschlag – im Zuge der derzeit grassierenden folkloristischen Empörungswelle medienwirksam diskriminiert fühlen dürften. Prädikat: Ist doch alles blanker Irrsinn!

Keine Frage: Dieses Erstlingswerk der Autor(*)innen bzw. außen namens Simone Hack macht sie schon jetzt zu einer würdigen Anwärter(*)innen bzw. außen auf den Friedenspreis des deutschen Buchhandels 2021. Die Meerschweinchenreportredaktion gratuliert herzlichst – und wünscht auch weiterhin möglichst ungezwungenes Denken und Schreiben.

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Hamlet Hamster: «Die nette Dame mit dem Diamantenhut»

10 Dec

Hamlet Hamster: «Die nette Dame mit dem Diamantenhut»
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Plötzlich verschwimmen die Buchstaben und Mrs. Loomsday, «die nette Dame mit dem Diamantenhut», steht tatterig vor unserer in die Jahre gekommenen Haustür, bittet uns geistig verwirrt, jedoch höflich, um Einlaß. Warum sie bei dieser Gelegenheit einige Teekekse sowie einen blutverschmierten Kompaß in der Hand hält, erklärt sich uns erst im Laufe der ungewöhnlich dicht verstrickten Geschichte. Wir bitten sie hinein, servieren ihr einen Earl Grey und sagen vorausschauend für die nächsten vier Wochen alle außerhäuslichen Termine ab, denn ungefähr so lange wird es dauern, bis wir alles werden nachvollziehen können. Mrs. Loomsday nimmt Platz, räuspert sich – und legt los. Nach und nach mutieren wir vom passiven Leser und Zuhörer zum aktiven Handlungteilnehmer. Schon klingelt es auch bei uns ganz tatsächlich im Oberstübchen. Auch ist ein etwas ermattet klingender Dudelsack zu hören, der die französische Nationalhymne spielt. Hat das etwas zu bedeuten? Und falls ja, was? Der Autor Hamlet Hamster hat mit seinem aktuellen Werk in der Disziplin des interaktiven Kriminalromans mal wieder einen neuen Meilenstein gesetzt: Nicht nur Lektüre sondern auch das Verifizieren der diversen Hinweise auf den derzeitigen Verbleib des legendären Diamantenhutes (etwa im Grünen Gewölbe?) durch den ambitionierten Aktivleser, machen dieses Buch zum prickelnden Intensiverlebnis der Extraklasse. So müssen beispielsweise die Leser(*)innen bzw. außen dem Verlag Bescheinigungen über real absolvierte Tresorbesichtigungen von Schweizer Bankhäusern vorlegen, denn nur so kommen sie in den Genuß des restlichen Teils der gedruckten Buchseiten. Das hat es soo noch nicht gegeben. Prädikat: Nur die Harten kommen in den Garten.

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Claire Baudelaire: «Das leichte Band der losen Liebe»

8 Dec

Claire Baudelaire: «Das leichte Band der losen Liebe»
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Ich bin ein Gedicht:
Ich liebe das Licht!
Ich liebe die Blumen,
Die Berge, die Seen:
Ich bin ein Gedicht –
Das mußt Du versteh’n!

Ich bin ein Gedicht:
Ich liebe die Sicht!
Ich liebe das Fenster,
Die Mauer, die Wand:
Ich bin ein Gedicht
In Deiner Hand!

Ich bin ein Gedicht,
Denn Du bist mein Licht!
Ich liebe so vieles,
Doch Dich lieb’ ich mehr:
Ich bin ein Gedicht
Und liebe Dich soo sehr!

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Wie eine prächtige, mit zarter Poesie sorgfältig gestopfte Gänsestopfleber sollte sich der Inhalt des großartigen Gedichtbandes «Das leichte Band der losen Liebe» gleichsam in obligatorischer Begleitung eines ordentlich gereiften Burgunders auf seinen Weg von der geschmacksverwöhnten Zunge über den aufnahmewilligen Intellekt direkt in das Herz eines jeden frisch Verliebten machen, der ob des überaus berauschenden Anblicks seiner Angebeteten dazu verurteilt scheint, den Rest seines Lebens einsam schmachtend und in bedauernswerter Sprachlosigkeit verharrend, dahinsiechen zu müssen. Die einfühlsame Dialektik Claire Beaudelaires ist Lebensfreude, Nahrung, Ausweg und Medizin zugleich. Die Autorin sah sich in der Tradition eines Cyrano de Bergerac, dessen Verständnis für reduzierte Spracharchitektur von keinem geringeren als Walter Gropius höchstpersönlich hätte definiert sein können. Die zweite Stophe ihres vorstehend wiedergegebenen Gedichtes «Ich bin ein Gedicht» mag hierfür ein eindrucksvolles Beispiel sein. Aus ihrer Zeit auf dem Mond gingen u.a. Texte zu Ludwig van Beethovens Kompositionen «Für Elise» und – natürlich – «Mondscheinsonate» hervor. In der Registratur Friedrich des Großen beschäftigte sie sich intensiv mit den Erscheinungsbildern von Schriftzeichen jeglicher Art, «um noch besser im Schreiben zu werden», wie sie immer wieder betonte. Warum sie sich jedoch ausgerechnet im Hause des französischen Großküchenmeisters Georges Pablo-Auguste Escoffiers am Hofe Napoleon III im Alter von 92 Jahren urplötzlich überfraß und noch vor Ort ihren reich verzierten Silberlöffel abgab, ist bis heute leider ungeklärt – und unverzeihlich. Es lohnt sich «die Große, die in Vergessenheit Gebratene, pardon, Geratene», wie Andy Warhol sie einst beschrieb, wiederzuentdecken. Prädikat: Großes Sprachkino!

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Alexander Senfkorn: «Der Klimawandel im Wandel der Zeit»

4 Dec

Alexander Senfkorn: «Der Klimawandel im Wandel der Zeit»
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Es ist nicht zu bestreiten: Der Streit «Klimawandel ja oder nein» nimmt immer religiösere Züge an. Grund genug für den Autor Alexander Senfkorn, sich dieses Themas gänzlich ideologiebefreit anzunehmen – und auf unterschiedlichen Ebenen mit wissenschaftlicher Akribie auszuleuchten: Von der Klimageschichte unseres Planeten über unsere kollektive Wahrnehmung des «Klimawandels» in jüngster Zeit bis hin zu global-medialer Verunsicherung durch gezielte Meinungsmanipulationen auf beiden Seiten, werden alle Aspekte sorgfältig herausgearbeitet. So hat der Leser erstmals die Möglichkeit, sich ein gleichermaßen umfangreiches wie objektives Bild von der komplexen Sachlage zu machen. Auch die Umleitung der enormen Gewinne; weg von den traditionellen Stromanbietern hin zu zahlreichen «Gutmenschenkonsortien», die die rapide und unnötige Verteuerung der Strompreise zu verantworten haben, ist in diesem Buch ausführlich thematisiert. Prädikat: Lebensnotwendig und überzeugend!

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Clara Seidenfaden: «Vögeldichfrischparcours»

3 Dec

Clara Seidenfaden: «Vögeldichfrischparcours»
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«Vögeldichfrischparcours» ist superfrisch und superaufregend erzählt. Die Geschichte bewegt sich zwischen den Spannungsfeldern von Hektik und Nichtstun, von Nostalgie und Abenteuer, von Brennpunkt und Internet. Bezieht man nun den Umstand mit ein, daß der Titel des Buches aus genau 23 Buchstaben besteht, so ist es kein Wunder, daß sich der angehende Geistliche Roman, unser verzweifelter Protagonist, ruckzuck in einer Welt aus Intrigen, Geldwäsche, Drogenkonsum, Weltverschwörung und Gruppensex irgendwie wird zurechtfinden müssen. Außerdem besteht seine Großmutter darauf, von ihm jeden Mittag um Punkt 12 zum Arzt begleitet zu werden. Ist «ER» wirklich noch ganz «ER» bzw. «ICH»? Oder schon ein ganz anderer? Vielleicht ist er bereits ein Fahrkartenautomat, der nachts in Damenunterwäsche heimlich am Straßenverkehr teilnimmt? Wird er jemals wieder aus dieser «teuflichen» (Martin Schulz) Gendermühle herausfinden? Kleiner Fingerzeig: Letztlich kommt alles ganz anders als erwartet. Prädikat: Eindrucksvoll und fortpflanzungswürdig.

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Belinda Freifrau von Hodenhagen: «Das nutzlose Ich»

1 Dec

Belinda Freifrau von Hodenhagen: «Das nutzlose Ich»
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Es scheint paradox – und das ist es wohl auch: Je stärker die unerträgliche Ich-Bezogenheit des Einzelnen, die nicht zuletzt im global grassierenden Selfie-Wahn ihren Ausdruck findet, desto deprimierter fühlen sich viele der rastlosen Selbstdarsteller in Wirklichkeit. Für sie stellt sich die zwangsläufige Frage: «Wieviel Überflüssigkeit verträgt das eigene Ich, ohne sich dadurch selbst überflüssig zu machen?» Belinda Freifrau von Hodenhagen analysiert nüchtern und findet adäquate, lebensbejahende Antworten. Prädikat: Edutaining.

Bitte verwechseln Sie nicht die Sozialanalytikerin Belinda Freifrau von Hodenhagen mit der Schriftstellerin Belinda von Hodenhagen, deren letztes Werk «Der Nacken ist das neue Schnitzel» ebenfalls von uns besprochen wurde.

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Linda Lindt: «Süße Reimbeutelentzündungen»

29 Nov

Linda Lindt: «Süße Reimbeutelentzündungen»
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Sie kennen das bestimmt: Sie sitzen gemütlich in einem Café, haben gerade einen «Latte Macchiato» verinnerlicht, wollen gehen, müssen jedoch leider urplötzlich feststellen, daß Ihnen das nötige Kleingeld zum Bezahlen fehlt, lassen sich alternativ(*)los und geistesgegenwärtig einen Schreibblock nebst -gerät aushändigen, texten in Hochgeschwindigkeit ein Gedicht nach dem anderen zusammen, möchten damit nunmehr Ihren Obolus in Sachen Verzehr entrichten – und werden vom Gastwirt unerwartet brüsk zurückgewiesen. Man erlaubt Ihnen noch nicht einmal, sich mit der Reinigung des Geschirrs «freizuspülen». Auf der Polizeistation kommen Sie wieder zu sich und können sich an nichts erinnern. Für die Autorin Linda Lindt eine der klassischen Standardsituationen, die fernab von der Schokoladenseite des Lebens souverän gemeistert werden wollen. Ergebnis: Ein Bändchen mit kerzengerader Lyrik ohne Schnickschnack. Straight. Sachlich. Klar. Beispiel: «Auf, ab, hin, her, günstig, schnipp, schnapp, Machtsamkeit, 2,50 €.» Prädikat: Echt strassenkredibil.

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Dr. Eberhard Weisgemehl: «Die Geschichte der Zahnmedizin»

28 Nov

Dr. Eberhard Weisgemehl: «Die Geschichte der Zahnmedizin»
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Während das Kapitel «Steinzeit» innerhalb der Geschichte der Zahnmedizin vergleichsweise schnell erzählt ist – einfach dem Patienten einen Angriff auf das Nachbardorf verschreiben und hoffen, daß sich das Thema «effiziente Wurzelbehandlung» bei dieser Gelegenheit von selbst erledigt –, so gestaltet sich der Sachverhalt ab dem 18. Jahrhundert um einiges komplexer: Wir erhalten tiefe Einblicke in die Rachen diverser Könige, u.a.: Ramses I, Ramses II und Ramses III und Ramses IV. Bonustrack: Als Käufer eines der ersten eintausend Exemplare gibt es zusätzlich eine handsignierte Zahnbürste des Autors Dr. Eberhard Weisgemehl – womit dieses Buch bereits jetzt schon das Zeug zu einem echten ebay-Klassiker haben dürfte. Prädikat: Ein Leben mit Zahnseide ist möglich und sinnvoll.

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Judith Petersberg: «Gendergeläuterte Mineralwassergebete»

28 Nov

Judith Petersberg: «Gendergeläuterte Mineralwassergebete»
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Kenner der neurotisch-esoterischen Gutmenschen(*)innenwelt(*)innen bzw. -außen ist Judith Petersberg(#)er(*)innen bzw. -außen ein(*)e feststehende(*)r Begriff(*)innen bzw. -außen. Es ist kein Zufall, daß sich jedes ihre(*)r Gedicht(#)e(*)innen bzw. -außen wie ein Bekennerschreiben der RAF(*)innen bzw. -außen liest, denn für die einst im glühenden Lavastrom des antillischen Torbenvulkans getauften Sonderbotschafter(*)innen bzw. -außen des unerheblichen Geschmacks stellen psychische und physische Narben einen festen Bestandteil ihres täglichen Lebens dar: ob im eigenen oder im Gesicht in weiter Ferne vor sich hin schmelzender bzw. «sterbender» Gletscher. Prädikat: Heul(*)innen bzw. außen.

Die Meerschweinchenreportredaktion arbeitet derzeit mit Hochdruck an einer allgemeingültigen Gendergrammatik.

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Leonhard Coldbrook: «Spoken into Gold»

27 Nov

Leonhard Coldbrook: «Spoken into Gold»
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Was wie eine leicht verklausulierte Anlageempfehlung unter Börsianern anmutet, war jedoch in Wahrheit jenes entscheidende Codewort der Alliierten im zweiten Weltkrieg, welches – für den Fall seiner physischen Habhaftwerdung – die umgehende körperliche Kastration Adolf Hitlers bestätigen sollte: «Gleaming eagle, this is gleaming eagle, spoken into gold accomplished, I repeat, spoken into gold accomplished, …, over». Nach dem Krieg mutierte der Begriff in nachrichtendienstlichen Kreisen zum geflügelten Wort und steht nun im erweiterten Sinne grundsätzlich für die Erarbeitung unkonventioneller Problemlösungen jeglicher Art, von deren Beschreibungen es im Buch des britischen Geheimdienstexperten Leonhard Coldbrook nur so wimmelt. Prädikat: James Bond 2.0!

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Jean-Paul Jamais: «Die süßen Momente der sanften Verführung»

26 Nov

Jean-Paul Jamais: «Die süßen Momente der sanften Verführung»
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Wer sich gegenüber dem weiblichen Geschlecht traditionell eher schüchtern verhält, jedoch nach Lektüre dieses genialen sowie mehrfach verfilmten Meisterwerkes immer noch solo sein sollte, dem wäre nach Ansicht des französischen Bestsellerautors Jean-Paul Jamais ohnehin nicht mehr zu helfen. Prädikat: Je suis un poème parce-que je t‘aime.

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Hans Leithans: «Halbe Wege führen zu nichts»

25 Nov

Hans Leithans: «Halbe Wege führen zu nichts»
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Wie schon Julius Cäsar in «De Bello Gallico» einst sagte: «Wehe dem, der in der heutigen Zeit des erbarmungslosen Verdrängungswettbewerbs seine Ellenbogen nicht mit nützlichen Hochgeschwindigkeitsschonern zu schützen weiß», so widmet sich der versiert verständnisvolle Wirtschaftsexperte Hans Leithans in seinem neuen Werk «Halbe Wege führen zu nichts» der sorgfältigen Analyse und Bewertung unterschiedlicher Ansätze für ein erfolgreiches Risikomanagement in den Chefetagen der deutschen Industrie – ganz nach dem Motto: «Auf der Überholspur ist Vorfahrt ein Rückschritt». Ein nützlicher Ratgeber für jeden unternehmerischen Entscheidungsträger, der einerseits zur wohlverdienten Ruhe kommen möchte, ohne dabei andererseits auf die angenehmen Vorzüge des spirituellen Denkens sowie ganzheitlichen Handelns verzichten zu müssen. Prädikat: Kerniges Wohlfühlprogramm für jeden, in dessen Schädelwände sich eine anspruchsvolle Stahlfaust zu Hause fühlt.

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Belinda von Hodenhagen: «Der Nacken ist das neue Schnitzel»

21 May

Belinda von Hodenhagen:
«Der Nacken ist das neue Schnitzel»
erschienen im Kaspar Hauser Verlag
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Belinda von Hodenhagen, die kühle Analytikerin aus dem klaren Norden, legt nach fünf Jahren kreativer Schaffenspause mit ihrem aktuellen Roman «Der Nacken ist das neue Schnitzel» ein pseudo-fulminantes – und irgendwie auch autobiografisches – Erzählwerk aus dem Reich des kulinarischen Symbolismus vor, das irgendwo zwischen Gustave Flaubert (Madame Bovary), Bram Stoker (Dracula) und Virginia Woolf (Mrs. Dalloway) fest verortet sein möchte, jedoch niemals seine ideologische Verbundenheit mit Paul Bocuse leugnet.

Die Autorin, im Roman als Alice Campendonk unterwegs, geht als ehemalige Gouvernante von Papst Pius XII nach ihrer erfolgreichen Zeit im Vatikan und einer geglückten Geschlechtsumwandlung in die aktive Entwicklungshilfe nach Afrika und lernt dort sehr schnell alles über die multifunktionale Verwendungsfähigkeit menschlicher Körperteile: sowohl als nützliche Werkzeuge beim Straßenbau, in der Gartenpflege, als auch als unkonventionelles Genuß- und Nahrungsmittel. Die Autorin Belinda von Hodenhagen, sich selbst im wahren Leben gerne und oft als «feministische Kampflesbe» bezeichnend, nennt ihren gelebten Extremismus «religiöse Kreuzigungen innerhalb der eigenen vier Magenwände». Nein, Kompromisse und Gefangene macht die kopftechnisch zart Unterbelichtete keine, weshalb nicht etwa «The Yes Man», dafür aber das antisemitische «Zentrum für politische Schönheit» auf ihr geistig Unausgegorenes aufmerksam geworden ist.

In diesem Kontext irritiert der grobe Erzählstil, der gerne «fein» sein möchte, es aber mangels Sprachvermögen nicht schafft, was die menschlichen Abgründe unfreiwillig um so abstoßender darstellt. Nichts für schwache Nerven. Nur erhältlich in gut sortierten Frauenbuchläden. Obwohl im Kaspar-Hauser-Verlag erschienen: Keine Leseempfehlung!

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Sebastian Krumbiegel: «Mein Leben als Greta Thunberg»

8 May

Sebastian Krumbiegel:
«Mein Leben als Greta Thunberg»
erschienen im Champ Verlag
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Sebastian Krumbiegel berichtet über seine Alpträume, die ihn seit dem Fall der Mauer an der innerdeutschen Grenze im Wendejahr 1989 kritisch verfolgen. Jetzt auch noch ein Leben als Greta Thunberg führen zu müssen, gibt ihm, dem Standhaften, den Rest. Er steht auf und tritt sanft aber gekonnt zurück. Leider bleibt sein Fuß kliensmannesk in den Speichen seines Lebens stecken. Zum Glück ist der begnadete Sänger und ehemalige Thomaner krankenversichert. Ein berührendes Buch, das seit zwei Jahren die SPIEGEL-Bestsellerliste anführt und nicht umsonst mit der berühmten und mikrowellentauglichen Claas-Rhetorius-Motivationsmedaille ausgezeichnet wurde. Sebastian Krumbiegels Buch mit einem Einleitungsbrief von Udo Lindenberg ist u.a. bei amazon hier bestellbar. Wir sprechen eine Leseempfehlung aus!

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Günter Wallraff: «Mein Leben als hackfleischeske Handgranate»

24 Apr

Günter Wallraff:
«Mein Leben als hackfleischeke Handgranate»
erschienen im btv Verlag
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Günter Wallraff, der Premiuminvestigativjournalist mit dem untrüglichen Riecher für das Brisante im Thema, mit dem glücklichen Händchen für den Skandal in der trächtigen Story, kam einst von ganz unten, nur um den steinigen Weg nach noch mehr ganz unten anzutreten: Sein Wirken als «getarnter BILD-Journalist», seine Aufräumarbeiten als «Ali, der Drecksarbeiter» und zuletzt als vermeintliches Hackfleischbällchen in der Großküche einer bekannten Schnellrestaurantkette. Immer recherchiert er unter Aufopferung seiner selbst, wertet er umsichtig die Faktenlage, deckt gnadenlos auf. Nicht umsonst nennt man ihn in Kennerkreisen den «Clint Eastwood der Gerechtigkeitspresse».

Auch die Geschwindigkeit, mit der er sich auf veränderte Arbeitsbedingungen einzustellen vermag, ist beeindruckend. Dies zeigt sich aktuell in der Corona-Krise besonders deutlich. Während sich seine Kollegen alle schön brav an die Auflagen zur verpflichtenden Heimarbeit halten, geht Günter Wallraff wie gewohnt andere Wege. Ordnungsgemäß mit verdeckten Atemwerkzeugen und Tauchermaske ausgestattet, plaziert er sich als vermeintliche «Hackfleischhandgranate» mitten auf dem Gehweg und wartet darauf, daß besonders vorbildlich Agierende in ihm das erkennen, was er tatsächlich zu sein vorgibt, nämlich ein mit Corona-Viren verseuchter Hackfleischklops, der nur so darauf wartet, von Besorgten wie ein Fußball vom Gehweg weggekickt zu werden. Und so landet er mal in einem Vorgarten, mal fliegt er durch das geöffnete Fenster im 3. Stock eines Wohnhauses und mal kommt er auf der Ladefläche eines vorbeifahrenden Pritschenwagens vorübergehend zu Ruhe – und tritt so seine Reise durchs Land an. Einmal am gewünschten Zielort angekommen explodiert er umgehend, zerlegt sein nächstes Umfeld fach- und sachgerecht in seine zahn- und zahllosen Einzelteile, die Totalkontamination mit «blutigem» Hackfleisch ist erwünschter «Nebeneffekt», das Wallraffsche Investigativprogramm läuft auf Hochtouren: Es riecht nach Verbrechen, Hygieneverstößen und menschlicher Umweltverschmutzung.

Der im btv-Verlag erschienene aktuelle Arbeitsnachweis Günter Wallraffs ist gespickt mit den Ergebnissen seiner neuesten Untersuchungen am offenen Herzen unserer Gesellschaft: sachlich, prägnant, ernüchternd, pikant, desillusionierend, liebenswert – und vielleicht auch ein bißchen zu stark gewürzt. Einige Leser berichten gar von einem nach frischem Rinderhack schmeckenden Buchumschlag. Kurzum: der ideale Lesestoff, um durch die verrückte Zeit zu kommen, und ohne daß einem das Gefühl vermittelt wird, den gesellschaftlichen Anschluß zu verlieren. 468 Seiten, broschiert, 24,99 €. Leseempfehlung!

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Der kanadische Feuerhund: «Memoiren eines außergewöhnlichen Vierbeiners mit drei Nasenlöchern»

7 Apr

Der kanadische Feuerhund
von Alba von Magenfein
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Ursprünglich von kanadischen Leichtlaufindianern zur Unterstützung beim Feuermachen und der begrenzten Ölförderung gezüchtet, ist diese bemerkenswerte Hunderasse seit der Einführung von Fracking und Dieselfahrverboten etwas in Vergessenheit geraten. Dank modernster Chappitechnologie ist es jedoch erstmals möglich, die Geschichte eines Hundes in gleichermaßen authentischer wie auch faszinierender Ich-Persepektive vorzulegen. Den Erzähler Alba von Magenfein, nach unüberbrückbaren Differenzen mit seiner Köchin dem Hause der Herzogin von Clustermonty entflohen, zieht es zurück zu seinen historischen Wurzeln: den Wäldern am Fuße der Rocky Mountains Kanadas. Dort kommt er zur Besinnung, reflektiert über seine glückliche Kindheit, erinnert sich an das bekannte Kindergartenlied, das man ihm und der genetischen Gesamtkonstruktion seiner baugleichen Artgenossen gewidmet hat: «Ich bin ein kleiner Hund mit Dreilochnase || Ich fühle mich gesund, lebe wie ein Hase || Doch manchmal wird es mir zu bunt || Wie eine Kuh sodann ich grase || Ich bin ein kleiner Hund mit Dreilochnase».

Das macht automatisch ein wohligwarmes Gefühl in der Magengegend und Appetit auf gut gewürzten Grizzly-Braten. Hier trifft er auch auf Häuptling Chiptschap (in seinem früheren Leben Lehrstuhlinhaber an der «Paritätischen Bildungsgesamthochschule NRW» für sozialverträgliches Kaugummikauen), mit dem er ein hammereskes Abenteuer nach dem anderen durchlebt. So erläutern sie langbärtigen Großstadthipstern den Sinn des Lebens, basteln aus deren Scheck- und Kreditkarten laichbereite Lachsdamen, binden den coolen Teilzeitaussteigern selbstgefertigte Sprengstoffgürtelatrappen um ihre schlappen Lendenlappen und fordern sie auf, sich damit pünktlich zu den Achtuhrnachrichten artgerecht in die Luft zu jagen.

Um die exemplarisch sperrige Erlebniswildniswelt unserer beiden Protagonisten für die Leser so selbsterfahrerisch wie irgend möglich aufzubereiten, ist der in japanischer Pinselstrichschreibweise verfaßte Text zusätzlich ganz bewußt mit ausreichend filen ortografisches und gramatikalichent Velern umsichtig ausgestattet. Schließlich sollen sich gerade die Schwächsten in unserer Gesellschaft beim Lesen nicht ausgegrenzt und diskriminiert fühlen. In aufgeklärten Kreisen gilt das in die Haut sich streng vegan ernährender Wildschweine eingenähte Buch als exquisites Lesevergnügen der Extraklasse für die gesamte Familie. Auch die Geschäftsführerin des veröffentlichenden Verlages «Pisa Publishing Group», Claudia Roth (selbst leidenschaftliche Analphabetiker*in), erklärt tränenüberströmt: «Wer nach dieser herzergreifenden Lektüre nicht selbst Hu(ü)nd*in sein möchte, dem ist ohnehin nicht mehr zu helfen».

Fazit: 365 Seiten, die Sie nach Lektüre so schnell nicht mehr vergessen werden – insbesondere wenn Sie dabei auch den Kaufpreis von 365,- € im Blick haben. Aber er lohnt sich! Unsere Leseempfehlung: Pro Tag immer nur eine Seite für nur je 1,- €. Und sollten Sie gerade mit dem Rauchen aufgehört haben, so sparen Sie bei dieser Vorgehensweise alle 24 Stunden je nach Zigarettenmarke und Verpackungseinheit immerhin zwischen drei bis fünf Euro. Letztlich eine klassische Win-Win-Situation. Und darauf kommt es unserem Autoren Alba von Magenfein seit jeher ganz besonders an.

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Olaf Leu, der «Ro 80» unter den Designern, wurde just 80 und veröffentlicht sein «R/80» bei «Spielbein Publishers»

18 Oct

Das neue Buch von Olaf Leu: «R/80»
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Sicher, wir hätten auch «Mr. Klartext spricht Klartext – bis in die Klappen» in die Überschriftenzeile setzen können. Oder: «‹R/80›, die intellektuelle Kraftnahrungspille für den anspruchsvollen Lebens- und Designinteressierten». Oder: «Wer bisher glaubte, die letzten zwanzig Jahre im falschen Film unterwegs gewesen zu sein, der erhält mit Olaf Leus ‹R/80› eine praktikable Anleitung zum Querumstieg bei voller Fahrt in den richtigen».

Einerseits. Andererseits fangen wir aber mit einem Zitat des ersten Satzes aus dem Prolog (Zwischen Müßiggang und Engagement) seines hier gegenständlichen neuen Buches «R/80» an: «Letztlich bin ich dann doch der Prophetie meines Kollegen Andreas Baier gefolgt, der schon nach Erscheinen meines Taschenbuchs i.R. orakelt hatte, dass es bei diesem ersten Band nicht bleiben würde. Und genauso ist es.» (Meerschweinchenreport berichtete hier). Tja Leute, schließlich geht doch dieser Tage nichts über eine ordentliche Portion Selbstreferenzielles, nicht wahr?

Nachdem nun auch das geklärt wäre, können wir mit unser eigentlichen Rezension beginnen. Wir zitieren abermals, diesmal aus dem Editorial, verfaßt vom Spielbein-Publisher Michael Eibes: «Warum sind Bücher wie dieses so wichtig? Es gilt Situationen, Zustände und vor allem Wissen zu dokumentieren. Denn Wiederholungen ohne Lerneffekt sind sinnlos.» Die fünf Hauptrubriken sind «Selbstverständnis», «Gestaltung mit Haltung», «Sein und Schein», «Geschichte und Geschichten» und «Prof. Dr. Klaus Klemp über den Autor Olaf Leu». Wer also geglaubt haben möge, daß es zum 80. von Olaf Leu lediglich angestaubte Lebensweisheiten zu lesen gäbe, der irrte gewaltig. Salopp gesagt: Das ist alles strenger Stoff. Sehr strenger Stoff, sogar. Als «kleine» Leseprobe sei in diesem Kontext «Eine Frage der Moral!? (S. 45 – 55)» empfohlen. Die dazu mehr als passende Illustration, der Textstartseite gegenüberliegend, bildet eine von ihm gestaltete Anzeige für Underberg mit der Hauptaussage: «Unser Underberg ist so gar nicht idyllisch». Eine Kernaussage, die Olaf Leu als Arbeitstitel für sein Buch gedient haben mag: «Hilfreiche Medizin muß bitter schmecken».

Olaf Leu im Züricher HarbourClub
Foto von Horst Moser

Als Material zum erweiterten Diskurs zitieren wir aus Horst Mosers Bericht über Olaf Leus jüngsten (und vermutlich wohl leider auch letzten) öffentlichen Auftritt vor dem Züricher «Harbour Club» – einer Vereinigung, der sich Vertreter der Schweizer Kommunikationselite zugehörig fühlen: «alle bekamen ihr fett ab: die unfähigen kommunikationsleute in den unternehmen, denen nichts anderes als ›pitch‹ einfällt und die kein ordentliches briefing zustandebringen. die inkompetenten agenturleute, die information nicht strukturieren können, von typo keine ahnung haben und dämliche bildsprachen beauftragen. und alle sind geil auf die inflationären awards, die oscar-falsifikate. all jenen wurde – um im biblischen jargon zu bleiben – die leviten gelesen.» Nun, wie wir bereits als Alternativüberschrift angeboten haben: «Mr. Klartext spricht Klartext – bis in die Klappen».

Aber das ist längst noch nicht alles. Wer wissen möchte, wie das kulturelle Verständnis vor der inoffziellen Kulturrevolution durch Social-Media und Smartphones ausgesehen hat, der mag sich den Leu-Text «Salon de Grolman – Die DDC-Keimzelle» zu Gemüte führen. Der Anfang als Auszug: «Naturgemäß verbinden sich mit dem Begriff Salon repräsentative Räumlichkeiten, in denen ein meist ebenso repräsentatives Ehepaar gesellschaftlichen Verpflichtungen nachgeht; darunter kann man die Zuwendung zur Literatur, Musik, Kunst oder Politik verstehen. Im Fall des Ehepaars von Grolman stand allerdings eindeutig das Design im Vordergrund. Repräsentativ war schon einmal die um die Jahrhunderwende errichtete Villa, in der man hier empfangen wurde: das Interieur aus geschmackvollen Einzel- oder Erbstücken aus dem Biedermeier, auch das eine oder andere diskret ausgehändigte Ahnenbild, die große Bibliothek, die schweren Ledersessel – all das atmete das Ambiente des selbstbewußten Citoyen, um in der französischen Begriffswelt zu bleiben. Tassilo von Grolman, stets gekleidet wie ein englischer Landedelmann, hielt hier mit Unterstützung seiner Frau Dagmar Hof.»

Die DDC-Keimzelle: Dagmar und Tassilo von Grolman in ihrem Salon.
Foto von unserem Redaktionsfotografen Andreas Baier

Somit ist Olaf Leus neues (und hoffentlich nicht letztes) Buch auch ein wichtiger Ratgeber für die Entscheidungsträger in der Industrie. Denn es geht weit mehr als nur um gelungene oder weniger gelungene Typografie: es geht um die Ermöglichung und Bewahrung von Lebensqualität als solches – es geht um «Lebensdesign»; und mit welcher inneren und äußeren Lebenshaltung man zu ihrem/seinem Gelingen beitragen kann – und mit welcher nicht.

Ein abschreckendes Beispiel für mißlungene Lösungsansätze ist der Alterungssimmulationsanzug. In dieses aufwendig geschneiderte Ungetüm werden junge Designmenschen gezwängt, damit sie erfahren können, was es heißt, alt zu sein, um sich dann in der Konsequenz – so die Theorie – in die Lage versetzt zu sehen, extra Geräte oder Lebensbereiche für alte Menschen und deren Bedürfnisse zu gestalten. Das ist, gelinde gesagt, vollstoff bescheuert. Der einzig adäquate Weg ist es, Gestalter mit der Erarbeitung von solchen Lösungen zu beauftragen, die bereits selbst der hier gegenständlichen Altersklasse angehören. Aber das passiert allein schon deshalb nicht, weil alles «hübsch jung und dynamisch» zu sein hat – sogar das Alter.

Olaf Leu im Züricher HarbourClub
Foto von Horst Moser

Wer also für sich, und/oder sein Unternehmen die Entstehung von Fehleinschätzungen und deren Produktionen verhindern oder nur ganz einfach zur Abwechslung mal wieder etwas Kultiviertes lesen möchte, der wird um die vollständige Lektüre von Olaf Leus «R/80» nicht herumkommen.

Das Buch wurde kongenial von Clemens Hilger gestaltet.

Die Feindaten:
Form: Paperback
Format: 14×19 cm,
Inhalt: 178 Seiten mit zahlreichen farbigen Abbildungen.
Preis: € 19,90

R/80 erscheint zur aktuellen Frankfurter Buchmesse bei Spielbein Publishers.
Bestellung online www.spielbeinpublishers.com
per E-Mail an hello@spielbeinpublishers.com
oder im Buchhandel ISBN 978-3-946718-00-0

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