Eigentlich können wir gar nicht die Auserwählten sein, wenn es darum geht, sich Gedanken über die weibliche, pardon, werbliche Aussagekraft von Anzeigenkampagnen zu machen, die im Kontext zur Fliegerei stehen, da wir aus religiösen und ziemlich vielen anderen Gründen seit Beginn des neuen Jahrtausends kein Flugzeug mehr bestiegen haben. Eigentlich.
Andererseits sind wir vielleicht gerade deshalb die Richtigen, jene Vollprofis für diesen Job, nach denen die ganze Zeit auf dem Rest der Welt überall hektisch gefahndet wird. Vielleicht.
Nun denn: Was wir im Laufe der Zeit der Presse haben entnehmen können, ist, daß man bei Ryanair in aller Ernsthaftigkeit über die Einführung von Stehplätzen nachdenkt. Vor diesem Hintergrund wird das hier gegenständliche Anzeigenmotiv klarer: Wer während des Fluges nicht stehen sondern lieber sitzen möchte, der muß ein erhöhtes Beförderungsgeld entrichten. Dies kann, wie wir jetzt lernen, auch in Form einer Art Kleiderspende geschehen, die, wie der Pressesprecher von Ryanair versichert, direkt an das Rote Kreuz weitergeleitet wird. «Ryanair. Billigfliegen mit Human Touch.» kommt uns als Claim in den Sinn.
Auch daß das, was seit über einem Jahrzehnt auf Flughäfen passiert, einen mehr an Massentierhaltung erinnert, denn an entspanntes und gelegentlich betreutes Reisen, läd eher zu einem ordentlichen Fußmarsch quer durch Europa ein, als sich das anzutun. Ist es ein Zufall, daß die Begehung, die Besteigung oder auch die Bewanderung des Jakobsweges immer populärer wird? Monatelang mit sich, einem festen Ziel vor Augen und einem Rucksack (fast) allein unterwegs. Wer interessiert sich danach noch für den Grand Canyon?
Wer so intensiv reist, der träumt auch intensiv. Wir wollen es den Jakobsweg-Reisenden gleich tun – und schließen unsere Augen: Wir sind Cecil B. De Mille und stehen gerade vor der wundervollen Aufgabe, für eine mit voller epischer Breitseite auszustattende Filmszene, ein dutzend rosa Elefanten auf den Füßen Julia Roberts durch das Kleinwalsertal stapfen zu lassen. Solche Visionen sind erbaulich, sowohl in intellektueller als auch finanzieller Hinsicht: Laut einer Umfrage des Statistischen Bundesamtes leben weltweit rund 2,32 Milliarden Fußliebhaber, die bereit wären, für eine Eintrittskarte zu dem Film «Die zehn Gebote oder die Füße Julia Roberts» ein kleines Vermögen auszugeben.
Daß das liebe Geld die einzige Ryanair-Chef Timothy, pardon, Michael O’Leary motivierende Triebfeder ist, machte er auch einmal mehr anläßlich einer Jahrespressekonferenz deutlich, die die Veröffentlichung brillanter Ryanair-Jahresgewinnzahlen zum Thema hatte: «I’m here with Howard Miller and Michael Cawley, our two deputy chief executives. But they’re presently making love in the gentleman’s toilets, such is their excitement at today’s results». Womit nun auch geklärt sein dürfte, was es mit «Ryanair. We fly you naked.» in aller Tatsächlichkeit auf sich hat.
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