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The Artist: «Constantly Known As Dieter Meier»

26 Oct

Dieter Meier spotting a pierced snail in his garden
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Foto von unserem Redaktionsfotografen Andreas Baier

Als wir Dieter Meier kürzlich in Zürich besuchten, um von ihm für unser neues SuperIllu-Lifestyleprodukt «Home Sweet Home But Maybe More – Meerschweinchenreport’s Best Extra» eine aussagekräftige Bildstrecke zu erstellen, die wir, so der Plan, zusammen mit einem frei erfundenen «Exklusiv-Interview» zu veröffentlichen gedachten, da nahm unser Redaktionsfotograf Andreas Baier kurz zuvor noch an einer Sonderweiterbildungsveranstaltung in den Gemächern Michael Conrads teil, wo unser Mann fürs grobe Korn, weil das Flaschenetikett «Hegarty» auf ihn eine allzu unwiderstehlich magische Anziehungskraft ausübte, entgegen seiner normalen Trink- bzw. Nichttrinkgewohnheiten eigentlich nur mal eben am heiligen und überaus schmackhaften Rotweingral nippte, so führte dies doch dazu, daß – wir zitieren ihn wörtlich – «ich ordentlich einen sitzen hatte». Sein dennoch sichtlich erleichtertes Fazit: «Wie gut, daß es Autofokus gibt, sonst wäre das alles nichts geworden.»

Der erste Punkt auf der Dieter-Meier-Bericht-Checkliste, nämlich «zwingend Selbstreferentielles», wäre damit den Zeitgeist in notwendiger Weise huldigend abgehakt. Punkt 2: Leute, kauft Euch unbedingt die nagelneue YELLO CD «TOY»:

Der dritte Punkt: Leute, seht Euch unbedingt in der Berliner Galerie Judin die Dieter-Meier-Ausstellung «Possible Beings 1973 – 2016» an. Sie ist noch bis zum 29. Oktober 2016 zu sehen. Hier eines der 48 unterschiedlichen Possible-Beings-Bildpaare:

From the series «Possible Beings 1972 – 2016»:
Dieter Meier – Tiger Winslow

Der vierte Punkt, bevor wir uns der neuen YELLO CD: TOY und der Ausstellung «Possible Beings 1972 – 2016» widmen, ist natürlich: the artist, constantly known as Dieter Meier, himself:

Dieter Meier, lesend auf seiner Couch
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Foto von unserem Redaktionsfotografen Andreas Baier

Dieter Meier ist ein brillanter Konzeptkünstler und Musiker; außerdem ein erfolgreicher Unternehmer. Wir zitieren aus dem Tagesspiegel: «Den Menschen macht aus, wie er sich zu seinen Zwängen verhält. Zwänge die durch die Geburt, die Zeit, das Talent, die Familie gegeben sind. Dieter Meiers Jugend zeichnete sich durch eine erstaunliche Abwesenheit von Zwängen aus. Sein Vater besaß eine Bank. Nichts drängte sich auf, schon gar keine finanzielle Notwendigkeit. Nicht einmal unerfüllte Träume der Eltern, die er an ihrer statt hätte ausführen dürfen. Beladen mit der Bürde der Freiheit stand er nun da. Wenn nichts muss, aber alles kann, was ist dann? Ist dann überhaupt irgendetwas?» Hm, gute Frage. Eine auf jeden Fall gültige Antwort wäre: «Das eigene Sein». Denn das eigene Sein bleibt immer – und zwar immer bis ganz zum Schluß. So einfach kann reduzierte Lebenskernbetrachtung sein. Unsere Meerschweinchenreportleser wissen, daß wir immer, wenn es droht, philosophisch zu werden, unsere beiden Hausgeisteslehrer Andy Warhol und/oder Woody Allen bemühen. Letzterer stellte in diesem Kontext beispielsweise fest, daß der einzige Unterschied zwischen Menschen mit Geld und welchen ohne Geld lediglich das Geld sei. Und er fügte hinzu: «Alle anderen Probleme sind identisch». Und weil dem so ist, sind die kreativen oder unternehmerischen oder sozialen Leistungen eines Menschen in ihrer Qualität grundsätzlich losgelöst von seiner jeweiligen pekuniären Situation zu betrachten.

Dieter Meier an seinem Klavier
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Foto von unserem Redaktionsfotografen Andreas Baier

Im Jahre 1969 saß Herr Meier fünf Tage lang auf dem kalten Pflaster des Zürcher Heimplatzes und sortierte 100.000 Nägel in diverse Säcke. Da war er Mitte zwanzig. «Nein, sagen Sie nicht Nägel, das hat schon zu viel Sinn», bittet Dieter Meier die Dame vom Tagesspiegel. Die Neue Zürcher Zeitung veröffentlichte damals das Foto eines langhaarigen jungen Mannes, der da saß und aß, sich quälte und Nägel nicht vermehrte, nicht verzehrte, aber edel zählte – was ihn ehrte. Er andere bekehrte? Doch zu was? Westlich betrachtet nennt sich das Ereignis vielleicht «sinnlos»; mehr fernöstlich ausgerichtet kann man in seiner Performance durchaus einen buddhistischen Ansatz erkennen: Du sollst Deine Mitmenschen nicht belehren, sondern irritieren.

Ein Jahr später legte Meier in Sachen Buddhismus-Unterricht ein gehöriges Schippchen nach: So unterbrach sein Kurzfilm «1 Minute» unkommentiert das öffentlich-rechtliche Schweizer Fernsehprogramm. Der Bildschirm blendete zunächst kurz auf schwarz, gefolgt von dem einminütigen Anblick des regungslosen Künstlerkopfs, der akustisch von Zeitzeichen kongenial unterfüttert wurde. Abermals ward es den Eidgenossen schwarz vor Augen. Schließlich und endlich hatte die Nation sowohl ihr normales Leben als auch ihr gewohnt-gewöhnliches TV-Programm zurück. Das Publikum soll hinreichend verstört reagiert haben. Und das, obwohl der Krieg zu diesem Zeitpunkt seit gut 25 Jahren vorbei war.

Auf den Geschmack der formvollendeten Irritation mit intellektuellem Zusatznährwert gekommen, kaufte Dieter Meier konsequenterweise am 25. Februar 1971 zwischen 16:00 und 18:00 auf der 57th Street, Ecke 8th Avenue (nur unweit des einen oder anderen New Yorker Museums) den Einwohnern der Stadt für einen US-Dollar jeweils ein «Yes» oder «No» ab – und quittierte den Erhalt der Wörter schriftlich. Die Polizei kam, sah und stellte fest: «That’s not for us, let’s get the special department». Für amerikanische Polizeibeamte ungewöhnlich scharf geschlußfolgert – die Sache hätte auch ganz anders ausgehen können.

Dieter Meier: Auf der Art|Basel bei Thomas Zander
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Foto von unserem Redaktionsfotografen Andreas Baier

Nur knapp der Zwangsjacke entkommen, erteilte Dieter Meier deshalb noch im selben Jahr den New Yorkern adäquaten Schießunterricht: Im Cultural Center stellte er sich mit einem gezückten Revolver an eine Mauer. Vor seinen Füßen stand auf einer Tafel: «This Man Will Not Shoot». (Meerschweinchenreport berichtete hier).

Dieter Meier Cover:
«This Man Will Not Shoot»

Als er nach wenigen Performances mit guten Aufmerksamkeitswerten nur ein weiteres Jahr später bereits zur Documenta gebeten wurde – spätestens hier wird Dieter Meiers übergeordneter Drang und Hang zu effizientem Denken und Handeln transparent –, ließ er am Kasseler Hauptbahnhof eine Metalltafel einbetonieren: «Am 23. März 1994 von 15.00 – 16.00 Uhr wird Dieter Meier auf dieser Platte stehen». Nein, Monsierur l’Artiste scheinen grundsätzlich keine Gefangenen zu machen: 22 Jahre später stand er tatsächlich dort. Hunderte Zuschauer und der Kasseler Oberbürgermeister waren zugegen. Einige der Angereisten haben sogar weite Strecken mit dem Flugzeug in Kauf genommen.

Zwischenfazit: In seiner Konzeptstärke als Performance-Künstler fallen uns nur noch zwei ein, die in derselben Liga unterwegs sind: Timm Ulrichs und Marina Abramović.

Dieter Meier: Reading while shooting light into the sky
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Foto von unserem Redaktionsfotografen Andreas Baier

Auch verfügt Dieter Meier wie viele herausragenden Geister über den großen Vorzug, früher in der Schule alles andere als begnadet gewesen zu sein. Einen langen Text zu lesen fühlte sich an, «als würde mir jemand Blei durchs Hirn ziehen, und es bleibt nichts hängen». Auch wenn dem nachfolgenden Gedanken in seiner Absurdität eine gewisse Grazie inne zu wohnen scheint, so sollte unmißverständlich geklärt sein, daß die vielen Opfer bleihaltiger Schußverletzungen in den Vereinigten Staaten keinesfalls das Ergebnis einer übermotivierten Bildungspolitik sind. Sicherlich nicht zuletzt auch deshalb: «This Man Will Not Shoot!» Die Dame vom Tagesspiegel schreibt: «Es war eine der wichtigsten Entdeckungen in seinem Leben, als er für die Prüfungen dann den gesamten Stoff mit einem Freund nachholte, indem sie drüber redeten: Im Dialog ging ihm die Welt auf: ‹Das hat mein ganzes Leben bestimmt, bis auf den heutigen Tag.›»

Als bildender Künstler drückt Meier hin und wieder mit seinen Fingern auch ganz gern in Kinderknetmasse willkürlich Formen und schaut, ob er darin etwas erkennt: es ist eine Art Bleigießen mit kautschukhaltigem Dehnmaterial. Er sieht sich nicht als Schöpfer, sondern als Entdecker. Für ein von ihm fotografiertes Knetfigurgesicht bezahlte Lady Gaga auf einer New Yorker Auktion ordentlich bemessene 20.000 Dollar.

Dieter Meier: At the table
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Foto von unserem Redaktionsfotografen Andreas Baier

Die Richtigkeit des Grundsatzes «Nur der schlechte Künstler unterhält sich mit dem Publikum, der gute mit sich selbst» bestätigend, überführt Dieter Meier seinen konzeptuellen Ansatz Anfang der 1970er-Jahre in fotografische Serien, in denen er scheinbar ausschließlich selbst zu sehen ist. Die Galerie Judin schreibt auf ihrer Website über Dieter Meiers Ausstellung: «1972 läutete ein Materialkonvolut zu dem erdachten Schriftsteller Thomas Mattes, von dem plötzlich Manuskripte, Briefe und Schnappschüsse auftauchten, Meiers bis heute andauernde Beschäftigung mit erfundenen und vorgefundenen Persönlichkeiten ein. Nicht selten weisen diese Charaktere autobiografische Züge auf. Diesem Thema ist auch Meiers umfangreichste fotografische Serie Personalities gewidmet, die in den Jahren 1973 und 1974 entstand. Mit variierender Kleidung, Gestik und Mimik verwandelte sich der Künstler in 48 unterschiedliche Persönlichkeiten. Das Ergebnis ist gespenstisch: wenngleich Meiers markante Gesichtszüge stets zu erkennen sind, löst die schiere Anzahl der Verkörperungen allmählich die Wahrnehmung des Künstlers als Individuum auf. Stattdessen treten seine Rollen in den Vordergrund. Diese sollten letztlich ein regelrechtes Eigenleben entwickeln und Meier zu zwei weiteren Werkgruppen anregen. Unter den Titeln ‹As Time Goes By› und ‹Possible Beings› wählte Meier in den Jahren 2005 und 2016 einige Personalities aus, die er jeweils mit einer neuen Porträtaufnahme und einer kurzen Biografie in die Gegenwart holte. Das Potenzial ist noch nicht ausgeschöpft: in wenigen Jahren möchte sich der Künstler der restlichen Figuren annehmen und mit ihnen weitere mögliche Lebenswege ausloten.» Nachfolgend zwei weitere «Possible Beings 1972 – 2016»:

From the series «Possible Beings 1972 – 2016»:
Dieter Meier – Samuel «Samy» Schnyder

From the series «Possible Beings 1972 – 2016»:
Dieter Meier – Erwin «Radu» Stangel

Zur Ausstellung sind zwei mit viel Liebe und Sinn fürs Detail gestaltete und hochwertig gedruckte Kataloge entstanden. Der eine enthält die zugehörigen Lebensläufe (oder «Lebenskämpfe») der von Dieter Meier bzw. dem «Schriftsteller Thomas Mattes in seinem Projekt «Possible Beings 1972 – 2016» dargestellten Personen und Charaktere.

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Beim Surfen entdeckt: Die «Dallas Art Dealers Association» nennt sich in der Abkürzung: DADA. Schöne Gleichung: DADA = JR Ewing kauft Kunst.
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Dieter Meier: The Race Reloaded
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Foto von unserem Redaktionsfotografen Andreas Baier

Das erste Mal wurden wir auf die Musik von «Yello» aufmerksam, als wir in Wiesbaden Mitte der 1980er-Jahre an der illegalen «Cannonball-Schnitzel-Ralley» teilnahmen. Ein Jahr vor dem Abitur, den Führerschein gerade frisch in der Tasche, und schon wollten wir unbedingt nackt um die Wette über den Kranzplatz flitzen müssen, nachts pro Team einen Spintschlüssel aus dem Opelbad besorgen, einen halben Liter Faulbrunnenwasser (geschätzte 40°) auf Ex trinken sowie eine schriftliche polizeiliche Bestätigung darüber bekommen, daß ein Team-Mitglied für zehn Minuten in Haft saß. Was sich End-Teenager eben so alles einfallen lassen, wenn es darum geht, das bereits heftig an die Tür klopfende «spätere Leben» erfolgreich aus den Schädelwänden zu verdrängen – oder, je nach Betrachtungsweise – sich adäquat darauf vorzubereiten. Für die Nummer mit dem Opelbad-Schlüssel sollte es in der Nachbereitung vor Gericht für einige Teams jede Menge abzuleistende Sozialstunden hageln. In der ersten Nacht bezogen wir Quartier auf einem ruhigen Campingplatz am Hertersee. Auf dem Plattenteller im Kofferraum eines Teilnehmers drehte sich das Yello-Stück «Bostich», scheinbar in der Endlosschleife, das 1980 auf dem Album «Solid Pleasure» erschien. Durch zwei riesige Boxen wurde eine Nachricht über den Umweg durch unsere Ohren in den schwarzen Nachthimmel gedrückt, die uns eine rhythmisch pulsierende Mahnung war: «Standing at the machine every day for all my life//I’m used to do it and I need it//It’s the only thing I want//It’s just a rush, push, cash». Dieser Text, diese preßlufthammereske Sprachperformance, die rasende Geschwindigkeit der Beats pro Minute, die mehrmaligen Besuche von Polizeibeamten, mit der Bitte die Yello-Lebensmaschine in ihrer Lautstärke deutlich zu reduzieren – das alles wurde zu einer perfekten Mélange, unsere damalige geistige Welt reflektierend, unser zukünftiges reales Lebens – so wurde dieser Track für dieses Wochenende zu unsere Hymne. Dieter Meiers Kunst- und Lebensverständnis: Man muß nur der werden, der man ohnehin schon ist:

Dieter Meier und Boris Blank – Table Communications
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Foto: Helen Sobiralski/Universal Music

Es war auch die Zeit, da unser Redaktionsfotograf seine musikalische Grundversorgung ausschließlich über einen leicht leiernden Kassettenrekorder mit Radioempfang bezog, der im Fotolabor stand. Seine bis heute gültige Grundeinstellung: Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt. Und einen Fernseher hat er sich immer noch nicht zugelegt. Deshalb nahmen auch wir «Yello» zunächst für viele Jahre nicht mehr weiter wahr.

Das änderte sich jedoch, als wir einen Werbespot für das fiktive Bestattungsunternehmen «Mr. Sandman’s Finest Funerals» realisierten und in den Gemächern des Post-Produktionshauses «Das Werk» während einer Bearbeitungspause auf MTV attraktive badeanzugbekleidete Damen sahen, wie sie von Hochhausdächern in wesentlich tiefer liegende Swimmingpoolanlagen sprangen. Das war 1997 und das Album «Pocket Universe» gerade frisch erschienen. In dem darin enthaltenen Stück «Beyond Mirrors» setzt sich Dieter Meier u.a. mit Arthur C. Clarke, Werner Heisenberg und Solar Driftwood auseinander. Sowie mit «Ruppert Sheldrake in his book ‹Seven Experiments That Could Change the World› has stated that scientist’s attitude toward their experiments affect the results of their experiments». Der britische Wissenschaftler war uns bis dato mit seiner Arbeit «Das Gedächtnis der Natur» bereits bekannt. Darin wies er nach, daß einmal auf unserem Planeten Gedachtes der Allgemeinheit zur Verfügung steht, auch wenn es nie verbalisiert oder in Schriftform verbreitet wurde. Und wir: «Whow, was ist das denn? Etwa Popmusik?»

Dieter Meier: Get Together auf der Art|Basel
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Foto von unserem Redaktionsfotografen Andreas Baier

Zu etwa gleicher Zeit verfolgten wir im Hause der «abenteuerlichen Designagentur» im TV ein Interview mit Dieter Meier und einem «Musikexperten». Der Künstler reflektierte über das Leben, über Sein und Nichtsein, über das Universum, über solares Treibholz, schlicht: über die Magie lebensexistenzieller Dinge. Besagter «Musikexperte» schien mehr und mehr mit seinem Amt überfordert, wollte zum Schluß des Gesprächs aber noch etwas Nettes sagen, was er dann auch irgendwie tat: «Yes man, that’s Rock ‘n Roll». Wir bewunderten Dieter Meiers Reaktion: Er saß da und grinste und grinste und grinste … und weigerte sich, die Fassung zu verlieren. Dafür verloren wir unsere: Wir schlugen lachend mit unseren Köpfen solange gegen die Wand bis es weh tat.

Wir finden die neue Yello-CD «TOY» hervorragend, was aber keine große Kunst ist, denn Musikprodukte von Yello sind grundsätzlich herausragend zu nennen. Die Tracks haben aus unserer Sicht nur einen Nachteil: Sie sind zu kurz, verfügen über zu wenig Noten, Eure Majestät. Gerade gedenkt man, sich gemütlich auf dieser oder jener Melodie ein bequem schaukelndes Ruhelager einzurichten, da ist die Nummer auch schon beendet. Schnüff. Im Gegenzug der Vorteil: Es gibt sehr viele Stücke auf der CD. Ein untrügliches Indiz dafür, daß die beiden Gentlemen immer noch nicht so richtig wissen, wohin mit ihrer Kreativität.

Der Ausführung Dieter Meiers, daß das Tonstudio für Boris Blank ein Sauerstoffzelt sei, entnehmen wir, daß auch sein Partner kreative Selbstgespräche führt, was eine schlüssige Erklärung dafür ist, warum Yello seit nunmehr 35 Jahren konstant hohe und sehr abwechslungsreiche Alben zusammenschraubt. Wer eine ausführliche und sehr schöne und hinreichend euphorische Besprechung der aktuellen TOY-CD lesen will, der sollte sich diesen ausführlichen Artikel auf Lowbeats unbedingt zu Gemüte führen.

Dieter Meier mit Harald Falckenberg

Als Nachspeise möchten wir die Lektüre der Essays empfehlen, die Dieter Meier vor einigen Jahren in seiner Kolumne in der Kulturzeitschrift «DU» veröffentlichte. Einige der Themen: «Gott im Fleisch – Aus den Tiefen des Weltalls», «Matsch am Paddel», «Das Wunder des Gelingens», «Gott ist DADA» oder «The 100 Million Dollar Kid». Die zuletzt genannten Überlegungen beginnen so: «Wie jeden Monat sitze ich vom Satzzwang getrieben an der Schreibmaschine und hoffe, dass mir unter der Guillotine des Abgabetermins ein Thema einfällt, nach dem ich über ca. viertausend Anschläge mit Wörtern werfen kann. Oft half mir das Schwerpunktthema dieses Heftes aus der grossen Leere und der Einsamkeit im dicken Nebel, wo keine Themen zu erkennen sind und auch nix Gedanken auftauchen. So rief ich denn in der Hoffnung, mich wie der Lügenbaron Münchhausen an den eigenen Haaren aus dem Sumpf der Ideenlosigkeit herauszuziehen, die Redaktion an und erfuhr, dass dieses Heft dem teuersten Schweizer Künstler aller Zeiten, dem ‹sculpteur extraordinaire› Alberto Giacometti, gewidmet sei. Da mir seine hochgekneteten Gestalten und Hunde nie besonders gefielen und ich mich aber über den Bergeller Kettenraucher in Paris, der seine halbverhungerten Figuren als Epigone seiner selbst ein halbes Leben lang nach oben zwirbelte, auch nicht lustig machen und meinem Hirn die Frage zumuten wollte, warum mich der ‹Grosse Schreitende› No. 27 / B5 eiskalt liess, kam ich auf die Idee, mir zu überlegen, warum für einen Abguss des Genies aus Stampa eine amerikanische Bankierswitwe kalt-oder heissblütig, man weiss es nicht, die wunderbare Summe von hundert Millionen US-Dollar abdrückte.»

Herr Meier schließt diese Kolumne mit: «Da ich schon bald wieder mit der Herausforderung, um nicht zu sagen dem Malheur, ein Thema zu finden, konfrontiert sein werde, mich aber in Hassliebe ausgesprochen gerne zu beliebigen Inhalten als Satzschlosser betätige, bitte ich Sie, verehrte Leser, mir mit Vorschlägen auszuhelfen, die Sie der Redaktion von DU bis zum 15. April zusenden können, wenn sich Meier-mach-schon dann erneut im oben beschriebenen Notstand befindet, der, nachdem ihm Benedikt XVI abhanden gekommen ist, auf den er immer wieder ausweichen konnte, wenn ihm nichts einfiel, um so schwerer wiegt.»

Das ist feines Feuilleton. Und für den Fall, daß Monsieur Le Satzschlossère irgendwann doch tatsächlich wieder seine Kolumnentätigkeit aufnehmen möchte, so hätten wir direkt ein Thema zur Inspiration für ihn: «Der November ist der Mai des Julis – oder umgekehrt».

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Kunstszene: «Günter Uecker im Wandel der Zeit»

12 Aug

1986: Günter Uecker in der Galerie Dorothea van der Koelen
Foto von unserem Redaktionsfotografen Andreas Baier
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2016: Günter Uecker auf der Art Basel
Foto von unserem Redaktionsfotografen Andreas Baier
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Telegrammstilesk ließe sich sagen: Lediglich die Rundungen der Schädeldecke Günter Ueckers sind geblieben – alles andere hat sich geändert. Aber ist das der Erkenntnis letzter Stand der Dinge? Und: Ist es nicht eigenartig? Da bringt man nur mal eben so zwei Fotografien in einen thematischen Bezug zueinander – und schon bietet sich einem die Gelegenheit, – im Idealfall – stundenlang über die «Wirklichkeit der Wirklichkeit» zu philosophieren. Und/oder über die «wirkliche Wirklichkeit im absolut Wahrhaftigen». Und/oder über die «wirksame Wirklichkeit im wahrhaftigen ABSOLUT». Und das Ganze abwechselnd in weiß, schwarz, grau und/oder irgendwie auch hinreichend farbig inszenierten Räumen – mal mit und mal ohne die segensreiche Unterstützung eines modernen TV-Geräts. Sie merken, liebe Meerschweinchenreportleserinnen und Meerschweinchenreportleser: Die Rezeption von Kunst ist eine höchst individuelle und gelegentlich auch verzwickte Angelegenheit. Und damit das auch weiterhin so bleibt, findet unser kleiner Besinnungsaufsatz mit nachfolgendem Satzzeichen sein wohlverdientes Ende. Naja, fast:

Magazin KUNST,
Titelbild, 13. Jahrgang, Nr. 52, 4. Quartal 1973, DM 7,50
Thema: Kunst und Fernsehen.
Abbildung: Günter Uecker, Benagelter Fernsehapparat.
Foto: Bernd Jansen.
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Prof. Dr. Hanno Higgins: «Über die Bedeutung der Sprache und ihre Auswirkung im täglichen Leben»

1 Oct

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John Chamberlain: «Nutcracker, 1958»

Sprache ist ein Muß. Ohne Sprache kein kommunizierter Sinn. Ohne kommunizierten Sinn kein Geld. Ohne Geld kein Leben. Jedenfalls nicht dieses. So einfach ist das. Wirklich? Ja, wirklich!

Theoretisch zumindest. Im praktischen Leben sieht das aber oftmals anders aus. Ganz anders. Da benutzt man die Sprache, um zu verschleiern, sich mittels einer gezielten Falschaussage aus der Klemme zu bringen. Manchmal bringt man sich aber erst dadurch in eine solche. Die Steinzeitmenschen hatten es da noch vergleichsweise einfach, obwohl neueste wissenschaftliche Studien eindeutig belegen, daß zum Beispiel das Prinzip Desinformation auch bei den Affen Anwendung findet. Doch zurück zur Steinzeit: Faustkeil auf den Kopf hieß: Du bist böse und gleich tot! Faustkeil nicht auf den Kopf bedeutete hingegen: Du bist lieb und darfst in meiner Nähe bleiben. Dazwischen gab es wenig, jedenfalls nicht die FAZ mit ihren vielen Stellenanzeigen und der damit verbundenen Möglichkeit, einen freundlich dotierten Platz in einem Mobbingkindergarten zu ergattern.

Interessant ist, daß es den menschlichen Fortschritt ohne schwammig anmutende Formulierungskünste gar nicht geben würde. Zumindest nicht in dieser Form. Auf der anderen Seite stehen genau diese ihm zur Weiterentwicklung erheblich im Wege. Denken Sie nur an die Emser Depesche, deren Fälschung der Chefintrigant Fürst Otto von Bismarck vornahm, bevor er sie an den deutschen Kaiser weiterleitete und die somit den deutsch-französischen Krieg 1870-1871 auslöste. Diese Dualität des Paradoxen, wie Sigmund Freud, bzw. Karl Popper es einmal nannte, spiegelt sich in einem anderen Umstand viel drastischer nieder: in der Geburt und im Tod eines jeden Menschen. «Die Geburt ist eine Lüge, die Wahrheit der Tod», wußte schon Johann Wolfgang von Goethe zu berichten. Der da schon senile und ehrfürchtig geschätzte Geheimrat war von der fixen Idee beseelt, daß die Erde, die Natur in ihrer ganzen Echtheit falsch sei und der Tod somit die einzig gültige Wahrheit darstelle. War ihm die Theorie der Matrix bereits bekannt? Darüber können wir nur spekulieren.

Falls es so etwas wie die Matrix geben sollte, hat die Sprache dann ihre eigene? Falls ja, dann würde das die Extistenz und den Mechanismus der Lüge erklären. Und auch, daß der Tod die Wahrheit ist, weil der Tod den Menschen aus der Lüge herausführt. Sind somit Selbstmörder in Wahrheit Wahrheitssuchende? Oder stellt die Sprache an sich bereits eine Lüge dar? Sind Fragen ein Mittel zur Sinnsuche, oder lediglich ein Produkt unpräziser Überlegungen? Das alles sind Fragen, die hinterfragt werden müssen, weil uns vorgefertigte Antworten, so wie sie unser Gehirn für uns parat hält, hier nicht weiterbringen.

Nehmen wir einmal Lessings Ringparabel und stellen uns vor, daß es drei verschiedene Wahrheiten gäbe, deren Erscheinungsbild absolut identisch ist, aber nur eine davon auch in Wirklichkeit echt ist. Was würde das bedeuten? Nichts! Denn was hat eine identische Identität gegenüber einer wahrhaftig und wirklich wirklichen Identität nicht, was die wahrhaftig und wirklich wirkliche Identität hat? Nichts! Und genau das ist es! Das ist der springende Punkt.

Vor diesem Hintergrund sollten sich viele Fragen, die sich uns automatisch stellen, gar nicht erst stellen, weil sie fast alle überflüssig bzw. längst parallelexistent sind, ohne daß wir es so richtig mitbekommen beziehungsweise wahrnehmen.

Beeinflußt die Sprache somit unsere Wahrnehmung? Ja! Genauer gesagt: Nichts beeinflußt unsere Wahrnehmung mehr, als unsere Sprache. Diesen Mechanismus macht sich zum Beispiel die BILD-Zeitung zu nutzen. Aber nicht nur sie, wir alle tun es und so auch ich. Was ist zum Beispiel mit meinem Namen? Prof. Dr. Hanno Higgins? Klingt gut, nicht? Aber ist er auch echt? Außer mir weiß das keiner, möglicherweise noch nicht mal höchstrichterlich ich selbst? Wie hätten Sie den Inhalt des bis jetzt Gelesenen aufgenommen, wenn darüber gestanden hätte: «Ein Beitrag von der angehenden Sozialpädagogin Magdalena Dinckelkißen?» Wie? Sie möchten wissen, worum es in meinem Beitrag geht? Ganz einfach: Es geht um die Unfähigkeit, eine klare Sprache zu sprechen.

Prof. Dr. Hanno Higgins unterrichtet an der «Wall Street University of Economic Research And Mystery Sciences».

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Religiöses Thema. Deshalb keine Kommentarmöglichkeit.
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Ross Phillips: «Panta Rhei»

30 Apr

Animation by Ross Phillips

Von Heraklits Werk sind lediglich einige Fragmente erhalten, von denen drei Zitate die Lehre vom Fluß aller Dinge begründen und die für ebenso lange Zeit inhaltlich nicht klar verifizierbar erschienen, bis sich Fritz Teufel und Dieter Kunzelmann der Sache professionell annäherten, was Ende der 1960er Jahre de facto zu einer zwanghaften Antisemitiisierung innerhalb der damaligen linken Szene führte, die sich folgerichtig und per Dekret bei ihren Brandanschlägen auf ein jüdisches Gemeindezentrum in der Münchner Reichenbachstrasse, bei denen mehrere Todesopfer zu beklagen waren, sowie einem Bombenanschlag auf ein Flugzeug der Swiss Air, bei dem alle Insassen an Bord ums Leben kamen, von fair-gehandeltem Kaffee wachzuhalten hatte. Durch ihn erfuhren sie möglicherweise:

«Wer in dieselbe braune Brühe steigt, dem fließt andere und wieder andere braune Brühe zu.»

«Wir steigen in dieselbe braune Brühe und doch nicht in dieselbe, wir sind es und wir sind es nicht.»

«Man kann nicht zweimal in dieselbe braune Brühe steigen.»

Weshalb sie inzwischen grün ist. Klar, daß vorstehende Sinn- und Deutungssprüche für eingefleischte Vegetarier ein bißchen schwer zu verstehen sind, was sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart zu Irrungen und Verwirrungen der X-tra-Klasse führte und führt: Ideologisch Linksausgerichtete, die ihre kollektive Existenz im wesentlichen der Frage an ihre Eltern-Generation «Was habt Ihr im Dritten Reich getan?» zu verdanken haben, sich damit ursprünglich dem Antisemitismus also klar entgegengestellten, mutierten innerhalb kürzester Zeit selbst zu glühenden Antisemiten – und taten genau das, was ihre Vorgänger-Nazi-Generation bereits tat: Sie betrieben Volksverhetzung und ermordeten Juden. Wie chronisch mangelernährt muß ein Gehirn eigentlich sein, um das hinzukriegen? Dieter Kunzelmann, einer der damaligen Attentäter, rechtfertigte diese Tat übrigens damit, daß man den Deutschen den «Judenknax nehmen müsse».

Weil die RAF nicht zuletzt dank Helmut Schmidt restlos gescheitert ist, sich jedoch das urdeutsche Kraftgen Marke «Am deutschen Wesen mag die Welt genesen» nicht so leicht unterbuttern läßt, schlüpfte es zur Tarnung in die Hülle des ökologischen Gesamtweltgewissens – und versucht seitdem durch mit seltsamen Methoden erstellte Klimaberichte und -bilanzen nicht ganz unerfolgreich die Weltbevölkerung dahingehend zu nötigen, jene schwachsinnig anmutende Lebensweisen anzunehmen, die sich unsere ausgemergelten Veganerköpfchen in einem von ideologischer Inzucht geprägtem Klima zurechtgezimmert haben. Eines der vielen Symptome dieser inzwischen weltweit grassierenden Gewissenskrankheit ist beispielsweise der Rauswurf eines vierjährigen Kindes aus dem Kindergarten, weil ihm seine Eltern ein paar schmackhafte Butterkekse in die Brotdose packten. Hierbei spielte sicherlich nicht nur die von der Kindergartenleitung eingeforderte «Zuckerarmut» eine Rolle…

Die französische Filmschauspielerin Brigitte Bardot forderte nur wegen der schlechten Ökobilanz von Gaskammern nicht, sie für Fleischesser zu errichten. Hier empfahl sie die Verwendung von Bolzenschußanlagen. Und da sage noch einer, eine konsequente fleischlose Ernährung sei ungesund. Auch Hitler – und somit zwangsweise ebenso der Rest der Welt – profitierte zwischen 1933 und 1945 von ihren «unschlagbaren Vorzügen».

Und weil sich das Projekt «Weltweite Etablierung einer Ökodiktatur nach deutschen Prizipien» so prima entwickelt, haben Leute wie Renate Künast oder Claudia Roth nicht die geringsten Probleme, eine alte Gewohnheit wieder aufleben zu lassen, nämlich in aller Öffentlichkeit mit palästinänsischen Terrororganisationen zu sympathisieren. Schließlich sind wir wieder wer, n’est-ce pas?

So befruchten sich intellektuelle Hinterbänkler, eine erlauchte Gruppe der eben auch ein orientierungsloser Jakob Augstein angehört, eifrig gegenseitig, was zu einer schleichenden Wiedererstarkung des Antisemitismus in unserer Gesellschaft führt. Ihre Hauptthese: «Man darf ja gegen Juden heute nichts sagen».

Wer sich allumfassend zu diesem Thema informiere möchte, dem sei der kluge Aufsatz von Stefan Gärtner über Jakob Augstein «Wer Juden haßt, bestimme ich» ans Herz gelegt.

Titelbildanimation von Ross Phillips.

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Sensibles Thema. Deshalb keine Kommentarmöglichkeit.
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Søren Kierkegaard: «Konsequenz ist das Ergebnis geordneten Denkens»

20 Apr

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Photo by Roger Minick

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Sensibles Thema. Deshalb keine Kommentarmöglichkeit.
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Drei unterschiedliche Darstellungsweisen das Thema «Anarchie» betreffend

7 Sep

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Sensibles Thema. Deshalb keine Kommentarmöglichkeit.
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Julia Cybularz: «The Mathematician»

29 Aug

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Visiting Julia Cybularz’s Website the first thing you see is the portrait shown above. It doesn’t take long to imagine a very clever re-interpretation of Jan Vermeer’s view. We know his The Astronomer or The Geographer or The Pearl Necklace. There is always this typical window light coming straight from the left. So, and now we know Julia Cybularz’s «The Mathematician».

Is that all? Certainly not. Learning more about her project «The Mathematician» the next thing we are introduced to is a quote from Samuel Beckett, taken from Waiting for Godot: «We are all born mad. Some remain so.» So, the scene is set for you to see and discover the rest for yourself.

By the milky way: Do you love quoting the same way as we do? If so, here’s another one a bit earlier than previously created by Sigmund Freud: «There is a feeling of freedom we can enjoy when we are able to abandon the straitjacket of logic.» The straightjacket of logic – how cool and inspiring is that? In other terms: Baby, just let’s get irrational tonight? Well, probably this is not what Julia Cybularz’s project is about…

via: T-arte Tartin.

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Sensitive topic. Therefore comments off.
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Mahatma Gandhi: «First they ignore you. Then they laugh at you. Then they fight you. Then you win.»

19 Feb

Mahatma Gandhi by Margaret Bourke-White

Margaret Bourke-White said about herself: «Nothing attracts me like a closed door. I cannot let my camera rest until I have pried it open, and I wanted to be first.» Interestingly, she never joined Magnum Photos.

Photo and Bourke-White quotation taken from: Thoughtful Photography

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Sensitive topic. Therefore comments off.
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Martin Heidegger: «Zensur als Liebeserklärung?»

23 Jan

Eine unkonventionelle Zensurmethode der Weight Watchers? –
Die Antwort finden Sie in diesem Artikel.

In letzter Zeit wird dank vorbildlich amerikanischer Bemühungen wieder verstärkt und verschärft von Zensur oder auch Censorship – vor allem im bösen und weltweit zugänglichen Internet – gesprochen. Dies wird besonders gerne von vermeintlich Betroffenen getan. Meerschweinchenreport gehört vielleicht dazu. Vielleicht aber auch nicht.

Daß an der Geschichte grundsätzlich was dran ist, haben wir bereits hier ausgeführt. Allerdings neigen sehr viele der ins Fadenkreuz der medialen Inhaltslieferanten Geratenen dazu, in einer Zensur a priori etwas Schlechtes oder gar Negatives zu sehen; und das alles nur, weil in der Vergangenheit oftmals von schlecht ausgebildeten Potentaten viel Schindluder mit diesem dem Grunde nach recht nützlichen Machtinstrument getrieben wurde.

Das muß aber nicht sein. Meerschweinchenreport möchte Verständnis für die Ängste, Sorgen und Nöte von Politikern und Wirtschaftsbossen erwecken, die ja auch alle irgendwie auf diese Welt gekommen sind, ohne daß man sie vorher gefragt hat, ob sie überhaupt wollen.

Unseres Erachtens ist es dieser Grundschmerz, wie Sigmund Freud und davor Wilhelm Tell es einst formulierten, der nicht eben wenige Zeitgenossen peu à peu in den Wahnsinn trieb und treibt. Eines der Ausgleichsventile, die sich die Natur für dermaßen per se geschundene Seelen ausgedacht hat, hört auf das schicke Gebot «Zensiere Deinen Nächsten auf Teufel komm raus!» Voilà!

Dieses Gebot läßt sich auf unterschiedliche Art und Weise beachten. Eine, und höchstwahrscheinlich die einzig feine, ist die auf Gegenseitigkeit, sprich: manus manum lavat, zu deutsch: «Ein Mund wäscht den anderen». Widmen wir uns zunächst dem diesen Artikel vorstehenden Eingangsbild: Sowohl die weibliche Person als auch der Wellensittich zensieren sich im gegenseitigen Einverständnis. Der Kopf des Wellensittichs steckt unzweideutig im Mund des Mädchens, womit der kleine Piepmatz weder etwas sagen noch etwas sehen kann. Bei dem Mädchen verhält es sich nur wenig anders: Auch sie kann, weil Wellensittich im Mund, nicht sprechen – und zieht nun mit dem Vogel gleich, indem sie ihre Augen freiwillig geschlossen hält. Insbesondere hier wird der Aspekt der Gegenseitigkeit transparent und kommt voll zum Tragen. Von vielen Naturschützern als «Tierschutz aktiv» mißinterpretiert, wäre es wesentlich verständlicher, würden sich die Weight Watchers für diesen bereits fahrenden Zug begeistern – und aufspringen; erscheint doch gerade bei der hier gegenständlichen Zensurmethode eine Nahrungsaufnahme im herkömmlichen Sinne durch den ungebratenen Zustand des Tieres erheblich erschwert. Aber das sind alles nur ungelegte Eier, denn das Hauptthema lautet: Zensur als Liebeserklärung – beziehungsweise: «Ist Zensur eine Liebeserklärung?»

Bei nachfolgender Wiedergabe eines ähnlich erscheinenden Zensursachverhaltes verhält es sich jedoch ein wenig anders: Hier handelt es sich einerseits um Martin Heidegger beim Brotbacken, andererseits jedoch um einen von einer in der Schweiz ansäßigen Uhrenmanufaktur erbauten Essensausgabeautomaten, der insbesondere in den 1950er bis tief in die 1960er Jahre hinein in Frankreich die Arbeiter in der Automobilfabrikation essenstechnisch mit dem Nötigsten versorgte. Ist hier ebenfalls von Zensur im eigentlichen Sinne zu sprechen? Der seltsame «Philosoph» Martin Heidegger zog es vor, sich in solchen heikeln Fragen stets zu einem klaren ja zu bekennen, wir meinen jedoch kurzundknapp: nein.

Martin Heidegger beim Brotbacken? –
Die Antwort steht in diesem Artikel.
Photo by Robert Doisneau

Versuchsergebnis: Fraglos fappierend ist, daß beide Bilder formal sehr viel miteinander gemein haben, obwohl sie inhaltlich zwei völlig unterschiedliche Standpunkte zu zwei völlig unterschiedlichen Themen einnehmen. So lernen wir, daß Zensur für einige wenige vielleicht eine Liebeserklärung im uneigentlichen Sinne sein mag, ihre Hauptaufgabe jedoch darin begründet liegt, eklatante Mißstände in unserer Gesellschaft zu ergründen und für jedermann transparent zu machen. Das ist zweifellos die unschlagbare Stärke einer jeden gutgemachten Zensur. Begegnen wir ihr also mit dem gebotenen Respekt.

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Sensibles Thema. Deshalb keine Kommentarmöglichkeit.
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Six Famous Thought Experiments

7 Dec

Six famous thought experiments explained humorously in a minute each, by David Mitchell of the BBC’s «That Mitchell and Webb Look». Produced by The Open University.

via: The Daily What.

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Sensitive topic. Therefore comments off.
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George Eliot: «It is never too late to become what we might have been.»

9 Aug

Bridge Crash: Photo by Steve McGhee

Photo via: Dark Mind Bright Future

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Sensitive topic. Therefore comments off.
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Arthur Schopenhauer: «Talent hits a target no one else can hit; Genius hits a target no one else can see.»

29 Jul

Photo by Ramón Masats.

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Sensibles Thema. Deshalb keine Kommentarmöglichkeit.
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Heraclitus: «A hidden connection is stronger than an obvious one.»

13 Jul

hidden connection

obvious connection

via: The New Shelton wet/dry

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Sensitive topic. Therefore comments off.
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