Tag Archives: art

Dr. Ruth Westheimer: «Nuts, Fruits & Cakes»

18 Dec

Dr. Ruth Westheimer: «Nuts, Fruits & Cakes»
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Über die Grande Dame des globalen Sexualkundeunterrichts muß eigentlich nicht mehr viel gesagt werden, außer, daß sie das «älteste Thema der Welt» (Konfuzius) mal wieder von einem völlig neuen Blickwinkel (Kopernikus) aus betrachtet. Sie verschmelzt Schlüsselbilder der Kunstgeschichte (Albrecht Dürer) mit Klassikern der italienischen Gastronomie (Eisdiele Venezia) zu einer sinnlich-schmackhaft-verbal-kulinarischen Mélange, die man normalerweise nur in den Werken eines William S. Burroughs oder dem Johannes Evangelium zu finden vermag. So wundert es auch nicht, daß UNO, NATO, WHO (u.v.a.m.) auf Betreiben Dr. Ruth Westheimers auf ihrer letzten gemeinsamen Vollversammlung Füßen nun endlich auch den Status von Händen zuerkannt haben. Ein riesen Schritt im Kampf gegen Faustfeuerwaffen, Gleichgewichtsstörungen sowie die Diskriminierung einzelner Körperteile. «Der ethische Sachbuchverlag ‹Pisa Publishing Group›» kann sich glücklich schätzen, dieses außergewöhnliche Meisterwerk im aktuellen Verlagsprogramm präsentieren zu dürfen. Prädikat: Schmackhafte Notwendigkeit.

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Pinguine mögen weder Klimawandel, Eisbären noch Kommentarmöglichkeiten. Deshalb – bis auf die Pinguine – alles deaktiviert.
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Fred Thieler: «Komposition B I/71»

12 Oct

Fred Thieler: «Komposition B I/71»
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In der Edition «gut gewählte Sammlung» der Galerie Baier erschienen Anfang 1971 auch zwei großformatige Lithographien des 1999 im Alter von 83 Jahren in Berlin verstorbenen Künstlers Fred Thieler, jeweils in einer Auflage von 100 Stück.

Schon früh lag Fred Thieler mit den Nazis über Kreuz. 1941 wurde er aus dem Heeresdienst entlassen, ging in München in den Untergrund, wo er mit dem Umfeld der «Weißen Rose» und dem Widerstandskämpfer und Künstler Mac Zimmermann zusammenarbeitete. Zudem holte er seine jüdische Mutter auf konspirativem Wege zu sich und brachte sie unbeschadet durch die Kriegswirren. Last but not least beherbergte er einen im Februar 1945 aus der Nürnberger Militärstrafanstalt geflohenen Häftling.

Die Sammlerin Gabriele Baier-Jagodzinski Anfang der 1970er Jahre
vor einem Gemälde des Künstlers Fred Thieler
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Fred Thieler gehört jener Künstlergeneration an, die nach dem Krieg zunächst mit erheblichen Orientierungsproblemen zu kämpfen hatten, zumal die Amerikaner keine Gelegenheit ungenutzt ließen, die übriggebliebenen Eingeborenen des ehemals Großdeutschen Gesamtreiches auch die Hervorbringungen ihrer eigenen Künstlereliten näherzubringen. Dennoch: 1959 nahm er an der «documenta II» und 1964 an der «documenta III» in Kassel teil. Er gehört neben Emil Schumacher, Gerhard Hoehme und Karl Fred Dahmen zu den bekanntesten Künstlern des deutschen Informel.

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Arnulf Rainer: «Zyklus Wahnhall – ‹Glut und Asche› und ‹Soin›»

10 Oct

Arnulf Rainer – Zyklus Wahnhall «Glut und Asche»;
Folienlithographie
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Es grenzt beinahe schon an ein medizinisches Wunder, daß sich der österreichische Künstler Arnulf Rainer mit seinen nunmehr knapp 91 Jahren bester Gesundheit erfreut. 1967 schrieb er in einem seinen Zyklus «Wahnhall» erläuternden Begleitblatt: «Handbeschriftete Mappe mit 20 Folienlithographien 37cm x 54cm, gedruckt auf Dreistern-Zeichenkarton, entstanden im Jahre 1967 in Berlin und Wien; unter Hilfe von Drogen, Augenbinde und Alkohol.» Beleg nachfolgend:

Arnulf Rainer – Begleitschreiben Mappenwerk «Wahnhall» 1967
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Ihre ganz persönliche Meerschweinchenreportredaktion findet, daß diese wenigen Zeilen die Gründe sowohl für den formalen als auch inhaltlichen Entstehungsprozeß des hier gegenständlichen Gesamtmappenwerkes für jeden Kunstinteressierten nachvollziehbar machen.

In den Jahren 1953 bis 1959 lebte Arnulf Rainer zurückgezogen in einer möbellosen, verlassenen Villa seiner Eltern in der Nähe von Wien. Dort begann er die Werkgruppe der Reduktionen, die als Vorstufe seiner weltberühmten Übermalungen gilt. 1961 wurde Arnulf Rainer in Wolfsburg wegen der öffentlichen Übermalung eines prämierten Bildes gerichtlich verurteilt. Ab 1963 arbeitete er in verschiedenen Ateliers in Westberlin, München und Köln. 1974 sollte ihm der «Kunstpreis der Stadt Wien verliehen werden, da er jedoch eine Teilnahme an der Preisverleihungszeremonie verweigerte, wurde ihm der Preis wieder aberkannt. 1977 nahm er an der «documenta VI» teil, ein Jahr später vertrat er Österreich bei der Bienale von Venedig.

Arnulf Rainer – Zyklus Wahnhall «Soin»;
Folienlithographie
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Abgesehen vom jeweiligen Sujet beeindruckt besonders Arnulf Rainers entspannter aber zugleich präziser Strich, der im übertragenen Sinne irgendwo zwischen Henri Matisse, Jean Cocteau und Joseph Beuys (bei Letztgenanntem bezieht sich diese Aussage ausschließlich auf seine Zeichnungen) zu verorten ist – wohlgemerkt: im übertragenen Sinne.

Wir wären wahnsinnig, würden wir uns weiterführend an diesem genialen Geist versuchen. Schauen Sie am besten einfach selbst.

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Jan Voss: «Das Geordnete in der Malerei»

10 Oct

Jan Voss: «Das Geordnete in der Malerei»; Tuschebild; 47cm x 63cm; 1963

Für den 1936 in Hamburg geborenen und in Paris lebenden Künstler Jan Voss ist das «Grundthema seiner Malerei das ‹Geordnete› eines sich in ständiger Bewegung befindlichen Chaos einer diffizilen und kleinteiligen Situation». Laut Wikipedia arbeitet er mit farbintensiven Gemälden auf Leinwand und mit feineren Zeichnungen, die wie Comic-hafte Erzählungen wirken und mit vielen Details aufwarten. Im Jahr 1968 war er mit vier Bildern Teilnehmer der «documenta IV» in Kassel. Seine erste Einzelausstellung hatte er 1962 in der «Galerie Baier» in Mainz. In der Bundesrepublik wird er von der Kölner Galerie Boisserée und in Frankreich zunächst von Adrien Maeght und später durch die Galerie Lelong vertreten.

Jan Voss in seinem Pariser Atelier
fotografiert von unserem Redaktionsfotografen Andreas Baier
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In der frühen Phase seines künstlerischen Schaffens entstanden keinerlei Bilder, die mit Öl, Acryl, Pastell, o.ä. gemalt wurden. Der Herstellungsprozeß für das, was für ihn damals «Bilder» waren, verlief folgendermaßen: Zunächst zeichnete er mit Tusche sein bekanntes «kleinteiliges Chaos» auf Transparentpapier. Danach grundierte er separat einen Malkarton mit einem wolkigen Gemisch aus blasser Farbe (hier gelb) und Leim. Nun brachte er sein auf Transparentpapier mit Tusche gezeichnetes Bild mit dem Gesicht auf den noch feuchten, mit besagtem Farb-Leim-Gemisch grundierten Malkarton so auf, daß nach dem Aushärten des Leims eine glatte, homogene und luftblasenfreie Fläche entstand, die sein fertiges «Bild» vor der Rahmung darstellte. Im übertragenen Sinne handelt es sich somit bei dieser Fertigungsweise um eine von Jan Voss entwickelte Vorstufe des heute unter dem Namen «Diasec®» bekannten Herstellungsverfahrens.

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Günther C. Kirchberger: «serie 5/5 – cunegonda» und «serie 14/2 – sposalizio di maria vergine»

10 Oct

Günther C. Kirchberger: «serie 5/5 – cunegonda»; 62,5cm x 72,5cm; Öl auf Leinwand; 1962

Günther C. Kirchberger: «serie 14/2 – sposalizio di maria vergine»; 46cm x 41,5cm; Öl auf Leinwand; 1962

Versucht man im Geiste die beiden Kunstrichtungen «Informel» und «Art Brut» miteinander zu vermischen, so wäre eine der möglichen Ergebnisvarianten die frühen, Anfang der 1960er Jahre entstandenen, Bilder des 2010 im Alter von 81 Jahren in Göppingen verstorbenen Künstlers Günther C. Kirchberger, die während einer seiner Studienreisen in Italien entstanden.

Im Jahre 1964 erhielt Kirchberger einen Ruf an die Werkkunstschule Krefeld als Dozent für «angewandte Malerei», wo er auch den Fotografen Peter Lindbergh unterrichtete.

Nach einer Ausstellung im Jahre 1961 in der geschäftstüchtigen Stuttgarter «Galerie Müller», stellte er zwei Jahre später in den Londoner «Drian Galleries» aus. Aber wie das mit waschechten Künstlern eben manchmal so ist, für sein Umfeld war es jedes Mal eine Mamutaufgabe, ihn zu einer weiteren Ausstellung seiner Werke zu bewegen, weshalb seine beeindruckenden Arbeiten bis heute über den Status eines Geheimtips nicht hinausgekommen sind.

Das ändert aber nichts daran, daß Kirchbergers frühe Ölgemälde eine wichtige Position in jeder Sammlung darstellen, deren Schwerpunkt im «Informel» und/oder «Art Brut» liegt.

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Roger Selden: «Pattern Art» (Tie Series)

10 Oct

Roger Selden: «Pattern Art» (Tie Series);
Mischtechnik und Collage auf Leinwand; 100cm x 80cm

Insider denken beim Namen Roger Selden automatisch an den legendären Mailänder Galeristen Seniore Dr. Renato Gadazzo und seine Galerie «Naviglio», bei der Herr Selden für viele, viele Jahre exklusiv unter Vertrag stand. Das Prozedere war zu jeder Art|Basel beinahe identisch: Tagsüber verkaufte Monseniore Dottore die Bilder Roger Seldens zu phantastischen Preisen wie geschnitten Brot, des Abends ließ er sich nach Baden-Baden in die (fast) nahegelegene Spielbank kutschieren, um dort die frisch erworbenen Einnahmen wieder auszugeben.

So zierte das oben stehende Bild aus Seldens beeindruckender «Tie Series» im Format 100cm x 80cm in dieser Zeit auch das Titelbild einer Ausgabe des Schweizer «Art International Magazine» (James A. Fitzsimmons, founder and editor-in-chief), das wir in unseren Redaktionsschränken jedoch leider nicht mehr auffinden können. Es überzeugt nicht nur durch die vielen perfekt gebundenen und sorgfältig arrangierten Krawatten, die es sich augenscheinlich sowohl auf dem Parkett als auch in den Rängen eines virtuellen Opernhauses gemütlich gemacht haben, sondern auch durch seine unglaublich solide Verarbeitung. Somit ist dieses Bild, das der Kunstrichtung «Pattern Art» zuzuordnen ist, gleich unter mehreren Gesichtspunkten ein echtes Brett!

Der gebürtige New Yorker Roger Selden lebt und arbeitet in Mailand. Er ist auch als Produktdesigner gefragt, u.a. für Ritzenhoff (Biergläser) und Ducati (Motorräder).

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Fritz Schwegler: Effeschiaden «Das Huter-Luder» und «Herr Berges»

10 Oct

Fritz Schwegler: Effeschiade «Das Huter-Luder»,
Öl und Wachsmalkreide auf Papier,
auf Hartfaserplatte aufgeklebt; 120cm x 80cm

Der 2014 im Alter von 79 Jahren verstorbene Künstler Fritz Schwegler erhielt 1973 eine Dozentur für «Plastische Grundlehre» an der Kunstakademie Düsseldorf, ab 1975 zunächst eine Professur für Malerei und ab 1987 eine Professur für Bildhauerei, die bis 2001 andauerte.

Fritz Schwegler wurde sowohl 1972 auf der «documenta V» als auch 1987 auf der «documenta VIII» in Kassel ausgestellt. Vertreten wurde er von der angesehenen Avantgarde-Galerie Schmela.

Fritz Schwegler: Effeschiade «Herr Berges»
Öl und Wachsmalkreide auf Papier,
auf Hartfaserplatte aufgeklebt; 120cm x 80cm

Von 1969 bis 1974 entstand sein Werkkomplex «Effeschiaden», dessen Namen Fritz Schwegler von seinen Initialien «F» und «Sch» ableitete. Die Effeschiaden stellten eine Erweiterung seiner «Urmotive» dar und bestanden aus einer Bild-Text-Anordnung auf Schreibpapier im DIN-A4-Format. Jedes Blatt zeigt in der oberen Hälfte ein Objekt oder eine situative Konstellation, die auf der unteren Hälfte mit einem handgeschriebenen Text kombiniert wird. Als Fritz Schwegler erkannte, daß die Ausstellungsbesucher seine Texte nicht lasen, verwandelte er sich Anfang der 1970er Jahre zu einer Art Bänkelsänger, der im rituellen Gesang, begleitet von Flötenspiel, Gesang, Schweglerpfeife und Glocke über Moritaten berichtete und auf seine Schautafeln verwies.

Bei den beiden oben abgebildeten Arbeiten handelt es sich um zwei dieser Unikat-Schautafeln, nämlich «Das Huter-Luder» und «Herr Berges». Obwohl Fritz Schwegler wie ein Berserker produzierte, sind seine Effeschiaden auf dem Kunstmarkt rar und werden von Sammlern gesucht.

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Joachim Palm: «Teller auf Tisch» und «Kissen auf Stuhl»

10 Oct

Joachim Palm: «Teller auf Tisch»; Acryl auf Leinwand, 122cm x 102cm; 1969

Der Künstler Joachim Palm läßt sich mit Blick auf sein Gesamtwerk nur schwer bis gar nicht einordnen. Die beiden vorstehend gezeigten Acrylgemälde entstanden kurz vor Antritt seines Stipendiums der Villa Massimo in Rom 1970/71. Wer unter satirischen Gesichtspunkten meint, die beiden hier in Rede stehenden Werken dem Genre der «subtilen Gesellschaftskritik» zuordnen zu müssen, der liegt ganz unsatirisch: richtig. Die Teller sind geputzt, doch leer, sie verhindern durch ihre gestapelte Stellung zudem jeglichen Nahrungstransport. Das Sitzmöbel wird seit Jahren fürsorglich gepflegt, verbleibt aber dennoch unbesetzt: Sowohl der virtuelle Gast (vermutlich Karl Marx) als auch der virtuelle Wirt (möglicherweise Kaiser Wilhelm II) befinden sich auf dem besten Wege, zu verhungern. Das ist wahrlich nicht schön. Dafür sind es jedoch die Farben. Kraftvoll erinnern sie den Betrachter daran, daß er mal wieder etwas essen könnte. Er sucht umgehend ein Wirtshaus auf und freut sich auf das, was kommt. So vermeintlich fröhlich konnte nur ein intelligenter Joachim Palm 1969 den alten, beinahe immerwährenden DDR-BRD-Konflikt versteckt aber dennoch ganz deutlich auf den Punkt gebracht haben. Eigentlich läßt sich diesen beiden Bildern eine deutliche Ableitung zu Bertold Brechts «Erst kommt das Fressen, dann die Moral» entnehmen. So wurde Joachim Palm nicht umsonst ein Jahr zuvor 1968 mit dem wichtigen «Teilpreis für kritische Grafik» (Berlin/Hannover) ausgezeichnet.

Joachim Palm: «Kissen auf Stuhl»; Acryl auf Leinwand, 122cm x 102cm; 1969

Jedes der beiden Bilder erzielt in der Alleinstellung seine erwünschte Wirkung. In der direkten Korrespondenz zueinander kommunizieren sie jedoch ungleich stärker. Nicht zu übersehen sind dabei die Alterungsspuren, die beide Werke als authentische und glaubwürdige Mitstreiter für eine gerechtere Gesellschaft auszeichnen.

Werke von Joachim Palm befinden sich in öffentlichem Besitz (Auswahl): Bundesministerium des Inneren, Bonn; Kunstsammlung Veste Coburg; Hessisches Landesmuseum, Darmstadt; Kupferstichkabinett Dresden; Museum Angewandte Kunst Frankfurt; Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen; Bayerische Staatsgemäldesammlung, München; Staatliche Graphische Sammlung, München; Städtische Galerie im Lehnbachhaus, München; Museu de arte moderna, Rio de Janeiro; Klingspor Museum, Offenbach; Kunstsammlung der Stadt Salzgitter; Museum für westliche Kunst, Sofia; F.R.A.C. Alsace, Straßburg; Kunsthalle Tübingen; Museum Wiesbaden; Von-der-Heydt-Museum, Wuppertal.

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Bernd Damke: «Tao» (1965)

10 Oct

Bernd Damke: «Tao» (1965)
Acryl auf Leinwand
130cm x 90cm

Über den 1939 in Gräfendorf geborenen Künstler Bernd Damke ist schon viel gesagt und geschrieben worden. Sein Werk wird allgemein der Hard-Edge-Malerei zugeordnet, was zumindest, beschäftigt man sich lediglich mit der formalen Machart seiner Bilder mit Blick auf den amerikanischen Künstler Ellsworth Kelly, teilweise seine Richtigkeit haben mag. Von wesentlich größerer Bedeutung ist jedoch Damkes Fähigkeit, die Aspekte der aufkeimenden sexuellen Revolution Mitte der 1960er Jahre malerisch so weit zu abstrahieren, daß es entsprechendes Vorstellungsvermögen voraussetzt, um die stark reduzierte Formensprache vor dem inneren Auge ins Gegenständliche zu übersetzen.

So lehnen wir uns gemeinsam entspannt zurück, ersetzen unseren obligatorischen Abendmokka gegen einen schönen schweren französischen Rotwein (Laissez-nous dire … une vieille bouteille de «Château Soixante-neuf du Pape»), betrachten angeregt oben abgebildetes Acrylgemälde und erkennen (es ist nicht unbedingt notwendig, die Zeit zu messen) nach einer Weile nichts anderes als zwei – von vorne betrachtet – abgewinkelte Damenbeine. Die schwarze Fläche repräsentiert den Himmel, die beiden weißen Rundungen die Knie und das kleine blaue Dreieck ein Stück der Badehose. Solche visuell stark reduzierten «Andeutungen» der natürlichen Bausteine des weiblichen aber auch männlichen Körpers findet man in einer ganzen Reihe von Bildern Bernd Damkes aus dieser grandiosen Zeit.

Inspiziert man sein oben stehendes Gemälde «Tao» en détail, so entdeckt man zwangläufig auch den einen oder anderen Vintage-Champagner-Tropfen, der genau davon zeugt, wovon er zeugt: Von Swinging-Sixties-Parties, von angeregt-verrauchten intellektuellen Diskussionen bis in die frühen Morgenstunden: Bukowski meets Handke meets Kafka meets Sartre meets Alkoho, pardon, Adorno meets Emmanuelle. Nicht zu vergessen sei Jean-Jacques Rousseau. Kurzum: Dieses Bild hat den damaligen Zeitgeist aktiv und in vollen Zügen gelebt – und rettet ihn Kraft seiner Existenz ins Heute hinüber!

Reiner Zimmermann: «Swinging 60ies Compressed, oder: Musikalische Reitstunde», Öl auf Leinwand, 1971

Zum direkten Vergleich sei hierzu das Bild «Swinging Sixties Compressed, oder: Musikalische Reitstunde» des Mainzer Künstlers Reiner Zimmermann aus den frühen 1970er Jahren herangezogen. Auch hier wird mit verschiedenen Körperformen gespielt, wenngleich mit unterschiedlicher Diktion: Die assoziative Marschrichtung wird nicht im Verborgenen, sondern in ihrer ganzen subversiven Wirkung bewußt und provokant in breiter Öffentlichkeit postuliert: «Hey, Ihr Verklemmten! Falls Ihr es noch nicht bemerkt haben solltet: Euer 50er-Jahre-Mief is over!»

Somit ist Bernd Damke zweifellos der vornehm-konstruktive Gentleman unter den ins Erotische orientierten Hard-Edge-Malern.

Langsam entdeckt auch die Kunstkritik den zeitgeschichtlichen Wert dieser Bilder. Es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis sich ebenfalls ihr pekuniärer Wert der aktuellen Situation am Kunstmarkt anpaßt.

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heijo hangen: «Ordnungsfolge 41 bis 44»

10 Oct

heijo hangen: «Ordnungsfolge 41 bis 44»;
4 Blätter, je 61cm x 43cm;
Siebdruck, 1971; Auflage 100

der 2019 mit 92 jahren verstorbene und sich der konsequenten kleinschreibung verpflichtet fühlende konkrete künstler heijo hangen entwickelte 1962 die für ihn typische modulform, die aus einer aufteilung des quadrats in dreieckselemente besteht und die es ihm fortan ermöglichte, alle seine arbeiten – egal aus welchem jahr und welcher schaffensphase – unmittelbar zu kombinieren. Durch die Verwendung eines immergleichen Form-Moduls entledigte er sich auf einen Schlag jeglicher Kompositionsproblematik und konnte sich so ganz auf die Wirkung der Farbenflächen zueinander konzentrieren.

Außerdem zeugt es von ungemeiner Kreativität und künstlerischer Originalität, mit einem einzigen Form-Modul ein solch umfangreiches Œvre zu schaffen, das sowohl abwechslungsreich ist als es auch sicher wiedererkennbar macht. Dieses Grundmodul gilt allgemein als sein originärer Beitrag zur konstruktiven Kunst. So schrieb denn auch der Star-Feuilletonist der FAZ Eduard Beaucamp in seinem Essay «Der konstruierte Boden ist das Ständige – Kunst aus West- und Ostdeutschland im kritischen Vergleich» bereits im November 1989: «Nicht zuletzt weist Hangens Werk – trotz aller ‹konstruktiver Mechanik› – ein überraschend hohes Maß an farblicher Poesie auf».

In den 1960er Jahren erschienen in der Edition Baier «gut gewählte sammlung» heijo hangens «Ordnungsfolge 1 bis 4» sowie 1971 seine «Ordnungsfolge 41 bis 44». 1977 nahm er an der «documenta VI» teil.

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Wolfgang Schmidt: «serie 23 (9 aus 15)»

10 Oct

Wolfgang Schmidt: «serie 23 (9 aus 15)»; Siebdruck in 3 Farben, 9 Elemente je 42cm x 42cm; Gesamtgröße ca. 130cm x 130cm Auflage 10 Exemplare, 1967

Der erste Absatz des Nachrufs auf Wolfgang Schmidt auf der Vitsœ-Website lautet: «Wolfgang Schmidt (1929-1995) galt als chaotischer Student – auch wenn seine klaren und präzisen Entwürfe das Gegenteil bezeugen. Ein Freund aus der damaligen Zeit, Hans Hillmann, erinnert sich, daß Schmidt einen Winter lang seinen Mantel zuhalten mußte, weil er alle Knöpfe verloren hatte: ‹Verblüffend für uns war, daß das Endergebnis, die fertige Grafik, die er uns dann zeigte, inklusive luxuriös breitem weißem Papierrand absolut makellos war, ohne ein Stäubchen, es sei denn, er hätte es dahin geplant.›»

In der Tat: Zwar folgte für ihn einerseits die Form immer der Funktion, andererseits steckte er seine ganze Ordnungs- und Schaffenskraft in die Umsetzung seiner Projekte. Die karge, beinahe spartanisch zu nennende, Einrichtung seiner privaten Wohnräume bestand im wesentlichen aus von ihm entworfenen Multifunktionsmöbelelementen – selbstverständlich in der Farbe Schwarz –, die sich von einem Bett in einen Schreibtisch verwandeln ließen.

Im Jahre 1964 wurde Wolfgang Schmidt mit einigen Arbeiten zur Teilnahme an der «documenta III» in Kassel in der Abteilung Grafik berufen. Neben Vitsœ arbeitete er u.a. auch für den Buchhändler und Verleger Wendelin Niedlich, die Künstlerin Vera Röhm und die Stadt Frankfurt, für die er u.a. das Farb- und Wegeleitsystem der U-Bahn erarbeitete.

Ab 1962 bis 1969 arbeitete er auch für die Mainzer Galerie Baier (Die Galerie) sowie das ein Jahr später in der Alexander Baier Presse erschienene Magazin «Kunst», das spätere «Magazin KUNST», welches IVW-geprüft bis tief in die 1970er Jahre hinein das auflagenstärkste Magazin für zeitgenössische Kunst im deutschsprachigen Raum war. Er entwickelte das Erscheinungsbild des Magazins, übernahm zunächst alle zwei, später alle drei Monate die komplette Gestaltung jeder Ausgabe und kreierte Signet sowie Anzeigen für den an den Verlag angeschlossenen Grafikkreis gut gewähte Sammlung. Auf issuu sind seine Arbeiten für das «Haus Baier» einsehbar.

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Vorstehend: 1) Briefbogen für das Magazin «Kunst»(oben links); 2) Vitrine mit Arbeiten von Wolfgang Schmidt für Alexander Baier Presse zur Ausstellung «100 Jahre Typographie Frankfurt» im «Museum Angewandte Kunst Frankfurt» (unten links); 3) Titelbild des Magazins «Kunst» zum Thema «Happening», das auch in der Ausstellungsvitrine zu sehen ist (oben rechts); 4) Titelbild des Magazins «Kunst» im Online-Magazin der «Schirn» zum Thema «German Pop Art», das ebenfalls in der Ausstellungsvitrine zu sehen ist (unten rechts).

Wolfgang Schmidt 4 Titelblätter für Magazin «Kunst»; Click to enlarge enlargedly

Vorstehend (von links oben nach rechts unten): 1) Heft 2 «documenta III»; 2) Heft 34 «Kunst und Kritik – Wiesbaden/Wuppertal»; 3) Heft 3 «documenta III – Teil 2»; 4) Heft «Neuer Preis: DM 5,- || Horst Janssen, fotografiert von Thomas Höpker».

Ausstellung Wolfgang Schmidt in der Mainzer Galerie Baier (Die Galerie) im Jahre 1964 (Fotos: Abisag Tüllmann)

Vor seinem Tod im Jahre 1995 galt Wolfgang Schmidt als spurlos verschwunden. Gute Freunde übernahmen in der Hoffnung, er würde eines Tages wieder auftauchen, während seiner jahrelangen Abwesenheit sämtliche Kosten für den Erhalt seiner Atelier- und Wohnräume. Später stellte sich heraus, daß er – unheilbar an Multipler Sklerose erkrankt – in seiner grenzenlos bescheidenen Art niemandem zur Last fallen wollte und sich so klammheimlich in eine Pflegeeinrichtung in der Nähe seines Geburtsortes Fulda zurückzog, wo er von allen unbemerkt am 8. März verstarb.

Wolfgang Schmidt gilt in Kennerkreisen neben Anton Stankowski und Max Bill zu den wichtigsten Vertretern der konstruktiven bzw. konkreten Kunst, die zugleich keine Scheu vor der Gebrauchsgrafik hatten.

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Art|Basel|2017 – Bernhard Hofstetter: «Die lebende Schnittstelle zwischen Kunst, Mode, Design und deren adäquate Zubereitungsformen».

2 Jul

Bernhard Hofstetter und Mouna Rebeiz auf der Art|Basel
von unserem Redaktionsfotografen Andreas Baier
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Fangen wir der Einfachheit halber mal ganz klein und basic an; oder, um im internationalen Sprachgestus zu bleiben: «Bernhard Hofstetter, a designer and artist from Switzerland, wears a Tom Ford shirt, Fendi shoes, an Olympia Le-Tan bag, Alexander McQueen sunglasses and a hat he had personally designed by himself.» Well, und da es unser Haus- und Hofphotograph mal wieder nicht hatte lassen können, sich reichlich an digitalen Farbtöpfen zu bedienen, möchten wir unsere hochgeschätzten Meerschweinchenreportleserinnen und Meerschweinchenreportleser mit einem Link zum «New York Times Magazine» versorgen, der Sie zu «Bernhard Hofstetter digitally untouched» führen wird. Wählen Sie einfach das dritte Bild im Slider aus – et voilà!

Na? Eben! Das Leben kann so wundervoll durchinformiert sein, n’est-ce pas? Kommen wir also nun zum eigentlichen Kern unseres Anliegens, zumal es dazu noch so hübsch und gut und überaus verlockend aussieht: Das Ding mit der kombinierten Ästhetik im grenzüberschreitenden Medium der integralen Kommunikationsdisziplinatik. Dochdoch, Sie haben ganz richtig gelesen: Disziplinatik! Das Leben kann so wundervoll woanders stattfinden, nicht wahr? Schrauben wir also das Rädchen der Zeitmaschine H.G. Wells’ ein paar Jährchen zurück – also nur so weit, daß wir beim Aussteigen nicht Gefahr laufen, daß uns ein paar durchgeknallte wilde Irre mit Allmachtsphantasien unsere Finger mit ein paar unter geschmacklichen Gesichtspunkten deutlich überbewerteten Chicken-Wings verwechseln – und klicken diesen Link an. Wir befinden uns in der Pariser Galerie Hubert Konrad; und zwar am 12. März 2013. Präsentiert wird die «Betty Boop Collection» der französich-libanesischen Künstlerin Mouna Rebeiz. Und wen erblicken wir auf besagtem Foto ebenfalls? Genau: Bernhard Hofstetter – who else?

Das sollte uns zu denken geben. Aber, was sollte uns zu denken geben? Ganz einfach: Was Generationen von international agierenden Spitzenmodels nur bedingt hinkriegen, gelingt einem Bernhard Hofstetter scheinbar mühelos: die stil- und geschmackssichere Kombination von Kleidungsstücken, die normalerweise nichts miteinander zu haben dürften. Allein schon deshalb nicht, um bei der Bank keinen schlechten Eindruck zu hinterlassen. Aber unser Protagonist stellt mal soeben und ganz locker fast jeden Modeschöpfer kalt. Grandios. Da dürfte sogar ein Tom Wolfe in der Pfanne verrückt spielen. Ähm, was? (Erinnerungen aus dem Kindergarten: «Das heißt nicht: Was? Das heißt: Wie bitte? Und wir konnten gefahrlos süße Kekse mampfen, ohne daß uns eine frustrierte Magersuchttussie, die sich ob eines kulturellen Mißverständnisses versehentlich zum Kindergärtnern berufen fühlt, entsetzt den bösen Zuckerkeks entreißt, um ihn in der Folge vermutlich heimlich selbst zu verdrücken.)

Kommen wir nun zum nächsten Streich. Wir begeben uns direkt dorthin. Wir kümmern uns um diesen Link. Wir befinden uns nun am 26. Februar des Jahres 2015 auf der Vernissage der Ausstellung «Le Tarbouche» der, once again, Künstlerin Mouna Rebeiz in «The Saatchi Gallery», Duke of York’s HQ, King’s Road, London SW3 4LY. Klar, daß wir auch hier Bernhard Hofstetter antreffen. Und was schreibt das «Tatler»-Magazine zu seinem Outfit? Ziemlich präzise dies hier: «Where to begin? There’s the fur, the printed jumpsuit, the spotted bow tie and that Teletubby hat stolen from Dipsy. The whole combination is far more fabulous than anything we have worn in the last year. Top marks.» Es hat, in der Tat, auch irgendwie ein bißchen was eltonjohneskes, keine Frage. Aber letztlich: auch nur «irgendwie».

But how does he do this?

Bernhard Hofstetter, modernes Bauhausverständnis
souverän zelebrierend: Das Runde schiebt das Eckige
photographiert von Andreas Baier
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Ganz so wie bei «Merz-Spezialdragées» die natürliche Schönheit immer von innen kommt, so ist eine entspannte Grundeinstellung zu allen Fragen rund um Kunst und Kultur eine zwingend Voraussetzung, um ungezwungen ganz selbst zu sein. Nur dann läßt sich modernes Bauhausverständnis in der praktischen Anwendung – beispielsweise auf der Art|Basel, oder gar signifikant verkleinert in einem Brotkasten – auch souverän zelebrieren. Ergebnis: Das Runde schiebt das Eckige.

Would you like to visite «World Redeye» in order to find out how Mr. Hofstetter’s outfit looks like in colour? Sure, just follow this link.

Bleibt eigentlich nur noch die Frage, was Bernhard Hofstetter beruflich macht. Hierzu gibt es, wen wundert’s, im Netz unterschiedliche Angaben. Vergleichsweise häufig heißt es, daß er Künstler und/oder Kunstvermittler sei. Gemäß dieses aktuellen Berichtes des SRF heißt es jedoch, daß er in einem Alters- und Pflegeheim arbeitet. Auf jeden Fall ist er, unabhängig davon, wie sehr er sich um die ebenso abwechslungsreiche wie perfekte Gestaltung seiner Oberfläche kümmert, inhaltlich klar strukturiert und entsprechend bodenständig ausgerichtet. Woher wir das wissen? Nun, wer Meerschweinchenreport regelmäßig liest, weiß, daß wir nicht wissen sondern spekulieren wollen. Aber dennoch: Wir sind im Falle Bernhard Hofstetters von der Richtigkeit unserer Vermutungen felsenfest überzeugt.

Auf der «QVED 2016» hielt unser Haus- und Hofphotograph einen Vortrag über seine Arbeit. Mit dabei auch das Aufmacherportrait von Bernhard Hofstetter und Mouna Rebeiz auf der Art|Basel, wie eines der Bühnensituationsfotos zeigt.

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Gérard Rancinan: «Paul McCarthy»

29 Jun

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Website Gérard Rancinan.

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Important Advice: This article won’t kill any polar bears. However, it won’t save them either. How should it work anyway? Despite all that we have disabled the possibility to launch comments – just to be on the safe side. Thank you for your cooperation.
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Andreas Baier: «Seaside Rendez-Vous»

24 Jun

«Seaside Rendez-Vous» by Andreas Baier
Digital Painting sized 120cm x 180cm
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The brilliant art recommendation service «Citi.Art» on Twitter has featured one of our staff-chief-creative’s (SCC) digital paintings entitled: «Seaside Rendez-Vous». You can also watch it on SaatchiArt.

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Comments disabled.
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Art|Basel|2017: «An Experimental Interview With Larry Gagosian»

21 Jun

Larry Gagosian’s Experimental Interview
Portrait created by Andreas Baier
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Larry Gagosian, one of the most influential art dealers in the world, very rarely gives interviews. Nevertheless, he agreed to do an experimental one with us on this year’s Art|Basel|2017, which means that we were preferably communicating with each other on a spritual level only; a mental area where spoken words should be recognised as an exotic exception.

Meerschweinchenreport:
When looking at Jean Pigozzi’s photograph which was taken in 1991 and that shows Charles Saatchi, Leo Castelli and you all dressed to the nines in swimming trunks, we are asking ourselves what all of you might have had for breakfast that very same day?

Larry Gagosian:
That’s an interesting question, indeed. As far as I can remember, we first tore one of Lucio Fontana’s «Concetto spaziale»-paintings apart in order to make its taste a bit more sophisticated. We then had a plate of the usual course: ham, eggs, sausages, baked beans, French toast with strawberries, black pudding and coffee. Lots of coffee. Sure, there was orange juice too. At that moment we thought that this was pretty cool but after all these years, honestly, we’re still busy digesting Fontana properly. The only thing that helps starting collectors to not underestimate Fontana’s work is the price they’ve got to pay for it. If you want to make the people obeying work of art the perfect way, then make the objects as expensive as even possible.

Meerschweinchenreport:
Tom Wolfe wrote in his book «The Painted Word» that abstract expressionism is, at least, about celebrating «nothingness». And he reported that one day Jackson Pollock appeared on one of Peggy Guggenheim’s soirées uninvitedly and completely drunk, managed to get himself undressed and urinated to her guests’ greater surprise stante pede into the living room’s fireplace. Are those days over?

Larry Gagosian:
These are two good questions proving impressively how much the so-called «nothingness» and a strong performance transporting the unbeatable taste of abstract expressionism rely on each other significantly. Irritation is the basis of seduction. I remember a conversation I had decades ago with a professor teaching English literature that led us from literature over aesthetics to contemporary art. For some reason he ended up saying that abstract art were not worthy of serious consideration—that they were superficial and overrated, which was a funny comment to hear in an English class at UCLA. To illustrate the point, he said, «If you look at this da Vinci or this Raphael, you can go from the eyes to the woman’s navel and there is a perfect triangle. But now we have artists who paint a triangle and they call that art.» So I stuck my hand up, which I didn’t do very often, and said, «Maybe sometimes you just want to look at a triangle.» But that sticks out in my memory as something that got me thinking about aesthetics. And to answer your third question: yes but no.

Meerschweinchenreport:
Let’s talk about Leo Castelli and Susan Sontag. While Mr. Castelli was dealing with Gabriele and Alexander Baier about an article in «Magazin KUNST», Susan Sontag grabbed the chance to introduce our staff-photographer with the real essence of life: «Sleep, sleep, sleep!». At that time he was a baby and enjoyed it very much being instructed quite gently this way. Is there anything Leo Castelli taught you in particular, so you feel that you learned from him?

Larry Gagosian:
That’s another very good question. I can’t answer it simply, but he showed me how a gallery could really make the art feel important. Of course, it helps to have work by artists like Roy Lichtenstein, Ed Ruscha, and Jasper Johns. But the way you present the work has a lot to do with how people receive and regard it. Leo always had great style in the way he presented the work—and without making it too fussy. Leo also showed me that you could have a lot of fun being a dealer. He liked to have a good time. But the fact that you could have a business as serious as Leo Castelli’s and still have a wonderful life—that was a life lesson as well as a business lesson. The other thing he taught me was not to give too many interviews. In the later years of Leo’s life, we were partners. We had a gallery together, we shared artists, and we had a fairly formalized business relationship. But I’d call him up because I wanted to talk about a painting or a show or a deal, and I’d be told, «Mr. Castelli is being interviewed.» [Larry Gagosian laughs]

Meerschweinchenreport:
Sounds like a «Wink mit dem Zaunpfahl» – as we say in Germany. Mr. Gagosian, thank you very much for this highly experimental interview.

Larry Gagosian:
You’re mostly welcome.

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Interviews that helped us very much to be spiritually experimental: Interview Magazine, Bidoun Magazine, WSJ. Magazine and The Guardian.
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Art|Basel|2017: «Lucio Fontana»

20 Jun

Lucio Fontana at Tornabuoni
Art Booth – Art Basel 2017
Photograph by Andreas Baier
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Tornabuoni Art gallery has pulled off an art historical coup with its presentation at Art|Basel|2017 of four rare and fragile works from Lucio Fontana’s «Fine di Dio» series (1963-64). The last exhibition devoted to these works, comprising 38 pieces in total, was held in June 1963 at the Galleria dell’Ariete in Milan, when five of the large, oval-shaped perforated works painted in different monochrome hues were displayed; as The Arts Newspaper reports.

A selection of preparatory studies, photographs, letters and documents linked to the works are also on show at the Tornabuoni Art stand as part of the catalogue research project led by the Italian art historian Enrico Crispolti and Luca Massimo Barbero, the director of the art institute at the Fondazione Cini in Venice.

From 1949, Lucio Fontana started his «Spatial Concept or slash» series, a collection of works comprised of holes and slashes on the surface of monochrome paintings. He titled these works «Concetto spaziale» and he used this name for almost all of his later works. These paintings can be split into categories such as the «Buchi» or holes, beginning in 1949, and the «Tagli», or slashes, beginning 1950. Lucio Fontana often lined the back of his canvases with black gauze in order to make the darkness shimmer behind the cuts in his works and thus create the illusion of depth. Fontana’s works have been exhibited numerous times internationally, and his first solo exhibition was at Galleria del Milione in Milan, back in 1931. His works have inspired and influenced a great number of artists around the world.

An insight of Lucio Fontana’s most expensive works is delivered by Whitewalls.

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Die Akademie der Künste, Berlin: «Zu Gast in den Kunstsammlungen Chemnitz»

7 Feb

Alle Bilder von unserem Redaktionsfotografen Andreas Baier
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Nach Chemnitz zu reisen, ist nach wie vor gleichbedeutend mit einem satten Trip in die Vergangenheit – und großes Kino! Kann sich noch irgend jemand an die Batterien von biertrinkenden Punks in Bahnhofsnähe erinnern, die schon vor 12 Uhr Mittags ihr Brauchtum hegten und pflegten? Und wenn man sie nach dem Wege fragte, so bekam man nicht etwa «die Fresse dick», sondern eine freundliche, ja geradezu hyperüberfreundliche Auskunft? Nein? Schade, denn auch wenn besagte Punks seit gefühlten und wohl auch tatsächlichen vier Jahrzehnten aus dem westdeutschen Straßenbild verschwunden sind – in Chemnitz sind sie noch heute präsent; und sie benehmen sich erfreulicherweise genauso wie vorstehend beschrieben.

Läuft man nun nach Auskunftserteilung mit seinem Köfferchen vom Bahnhof aus, mit dem Haupteingang im Rücken, die nächste Kreuzung rechts, an der darauffolgenden Kreuzung links und danach ein ganzes Weilchen immer der Nase nach, so trifft man an der nächsten übergeordnet großen Kreuzung rechter Hand auf Herrn Marx, Karl Marx, sauber und wohl proportioniert in Stein gemeißelt, der – würde man diesen Koloß aus 20.000 Kilometern Höhe direkt über dem Gebäudekomplex auf dem Potsdamer Platz in Berlin abwerfen, sicherlich – und ganz pflichtbewußt – mit dem vollen Aroma seiner gigantischen Sprengkraft daherkäme.

Gute Gestaltung erkennt man immer an ihrer Fähigkeit zur unmißverständlichen Kommunikation.

Die Generaldirektorin der «Kunstsammlungen Chemnitz», Frau Dr. h.c. Ingrid Mössinger, betritt soeben das Auditorium des Museums. Deutlich zu erkennen sind die sauber gestalteten Programmhefte der gemeinsam mit der «Akademie der Künste, Berlin; Sektion Bildende Kunst», organisierten Veranstaltungsreihe.

Der frühere Präsident der Akademie der Künste, Berlin, Prof. Klaus Staeck, hält eine schwungvolle, klar strukturierte und humorvolle Begrüßungsrede, die sich mit dem Sinn und Unsinn des Lebens, mit dem auf und nieder weltlicher Gezeiten, und natürlich auch und irgendwie mit der gelegentlich fluxusesk aufkeimenden Wirkung künstlerischer Kommunikationsarten und -techniken dezidiert auseinandersetzt.

Wird man im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung ausgezeichnet, so gibt es drei Hauptvarianten, im Rahmen derer solche Huldigungen für gewöhnlich über die Bühne gehen: 1) Die Riesenscheckübergabe im Foyer einer Kreissparkasse; 2) Eine gepflegte Weizenbierdusche auf dem Marienplatz; oder 3) Die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am großen Harken auf der Wartburg. Wahrlich, intellektuelle Leckerbissen sind das aber allesamt nicht. Den richtigen Kick gibt es abermals nur im sauber typograpierten Gesamtzustand: durch und mit Verleihung einer Urkunde auf der «DIE AKADEMIE DER KÜNSTE, BERLIN, ZU GAST IN DEN KUNSTSAMMLUNGEN CHEMNITZ» steht – und natürlich von Dr. h.c. Ingrid Mössinger sowie Prof. Klaus Staeck gemeinsam in den Händen gehalten wird. Deutlich zeigt auch das begeisterte Mikrophon in Richtung der zurückhaltend und gerade dadurch vorbildlich gestalteten Premiumauszeichnung!

Prof. Dr. Wulf Herzogenrath, Direktor der Sektion Bildende Kunst und Kurator der Ausstellung, auf dem Weg zum Rednerpult; er hält dort eine schwungvolle, klar strukturierte und humorvolle Rede, die sich mit dem Sinn und Unsinn des Lebens, mit dem auf und nieder weltlicher Gezeiten, und natürlich auch und irgendwie mit der gelegentlich fluxusesk aufkeimenden Wirkung künstlerischer Kommunikationsarten und -techniken dezidiert auseinandersetzt.

Dr. h.c. Ingrid Mössinger sowie Prof. Dr. Wulf Herzogenrath gemeinsam mit einem Sonnenblumenstrauß. Nein, wir denken jetzt nicht an van Gogh. Sondern eher an kaltgeschleudertes Sonnenblumenöl, das, so es einmal die Erdatmosphäre verlassen hat, auf dem Mond die besten Bedingungen vorfindet, um einer später nachfolgenden Erdmenschenpopulation die perfekte Grundlage zu bieten, um in gefühlsschwachen Momenten seltsam anmutende Gedichte zu verfassen.

Und da haben Sie es nun, meine lieben Meerschweinchenreportleserinnen und Meerschweinchenreportleser: Da braucht man nur mal eine geist- und sinneserweiternde Ausstellungseröffnung zu besuchen – und schon fällt es einem hinterher schwer, die körpereigene Schreibe unter Kontrolle zu halten.

Nach den Reden ist vor der Lecture-Performance: Manos Tsangaris, Direktor der Sektion Musik, beweist einen besonderen Sinn für das richtige Timing in der Abfolge absurd anmutender Ton- und Geräuschsequenzen.

Manos Tsangaris beherzigt die eiserne Grundregel, wonach Lustiges formal mit ernster Mine sowie Ernstes formal eher humorvoll vorzutragen ist. In dem hier vorliegenden Fall verhält es sich mal so – und mal so. Und dann auch wieder so.

Menschen können wie eine Gebirgskette sein – wenn man ihnen die Möglichkeit zur freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit bietet.

Auf dem Weg zur Performance von Christina Kubisch.

Die Video-, Musik- und Performancekünstlerin Christina Kubisch stellt den Besuchern ihr Projekt vor.

Im Gesamtüberblick: Christina Kubischs Performance.

Ein Bild aus der Serie mit dem Titel «Straight to the point» unseres Redaktionsfotografen.

Als wäre es eine Szene aus einem Film Federico Fellinis: «Tanzende Vibratoren, jeweils mit einem Mini-Tütü bekleidet, drehen sich lustvoll vor dem inneren Auge des Vatikans». Oder so ähnlich. Vielleicht sind es aber auch Lippenstifte auf dem Weg zu einer Vorstandssitzung der Deutschen Bank im Jahre 2050. Soo genau weiß man das nicht, denn das mit dem Interpretieren ist ja immer so eine Sache … Klar, die Künstlerin hätte man jederzeit befragen können. Aber würde man sich dadurch nicht der Möglichkeit berauben, die Dinge so zu sehen, wie man sie sehen möchte?

Prof. Dr. Wulf Herzogenrath filmt oder fotografiert die Performance. Im Hintergrund eine Plastik des Bildhauers Emil Chimiotti.

Christina Kubisch, Mitglied der Sektion Musik, im Gespräch mit Ausstellungsbesuchern. Auf dem Spiegel stehen noch die Figuren zu ihrer kurz zuvor zelebrierten Performance «Ballett» (1979/2016).

In der Ausstellung werden zur Feier des 320-jährigen Bestehens der Akademie der Künste, Berlin, Werke aus der eigenen Kunstsammlung, dem Bestand der Kunstsammlungen Chemnitz sowie aus öffentlichem und privatem Besitz gezeigt. Die Akademie der Künste, Berlin, ist die älteste deutsche und drittälteste europäische Akademie. Zusammen mit der Sektion Baukunst bildete die Sektion Bildende Kunst den Kernbestand der 1696 durch Kurfürst Friedrich III. gegründeten «Academie der Mahl-, Bild- und Baukunst». Im Hintergrund das Gemälde «Schlaf II» von Karl Horst Hödicke.

Der Spiegel zur Kubisch-Performance wird wieder zurück ins Archiv gebracht.

Beim Abstieg aus dem Reich der Bildenden Künste lechzen für jeden der 67 ausstellenden Künstler individuell erstellte Informationsfaltblätter förmlich darum, mitgenommen zu werden: Magdalena Abakanowicz, Ai WeiWei, Dieter Appelt, Armando, Silvia Bächli, Frank Badur, Miroslaw Balka, Lothar Böhme, Emil Cimiotti, Tony Cragg, Richard Deacon, Tacita Dean, Jim Dine, Arnold Dreyblatt, Bob Dylan, Hartwig Ebersbach, Bogomir Ecker, Ólafur Elíasson, Heinz Emigholz, Ulrich Erben, Ayse Erkmen, VALIE EXPORT, Thomas Florschuetz, Jochen Gerz, Dieter Goltzsche, Ulrike Grossarth, Katharina Grosse, Mona Hatoum, Birgit Hein, Karl Horst Hödicke, Rebecca Horn, Alfonso Hüppi, Magdalena Jetelová, Joachim John, Ivan Kafka, Barbara Klemm, Bernd Koberling, Christina Kubisch, Raimund Kummer, Marwan, Jeanine Meerapfel, Boris Mikhailov, Bruce Nauman, Marcel Odenbach, Wolfgang Petrick, Hermann Pitz, Markus Raetz, Arnulf Rainer, Bridget Riley, Ulrike Rosenbach, Karin Sander, Eran Schaerf, Hanns Schimansky, Michael Schoenholtz, Richard Serra, Daniel Spoerri, Klaus Staeck, Wolfgang Tillmans, Rosemarie Trockel, Günther Uecker, Micha Ullman, Hans Vent, Corinne Wasmuth, Wim Wenders und Dorothee von Windheim.

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Neil Young: «… with a supermoon in my eye …»

16 Nov

«Supermoon» by Andreas Baier
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I was lyin’ in a burnt out basement

With a supermoon in my eye

I was hopin’ for a replacement

When the sun burst through the sky

There was a band playin’ in my head

And I felt like getting high

Thinkin’ about what a friend had said, I was hopin’ it was a lie

Thinkin’ about what a friend had said, I was hopin’ it was a lie

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Read more: After The Gold Rush
Glas eye manufactured by: Achim Hellbach

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National Geographic: Andreas Baier’s «Living Room Lion» published in «Strange Terrains» Story

13 Nov

«Living Room Lion» by Andreas Baier
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Once again National Geographic published a photograph taken by our staff-photographer Andreas Baier. The image is entitled «Living Room Lion»; and is in use for the «Strange Terrains» story. The National Geographic Photographer Renan Ozturk, as a picture editor in charge for this assignment, wrote about this shot: «This is one of the most wildly bizarre and creative interpretations of the strange terrains assignment. Horrifying, fascinating and pink. Great depth and framing with beautiful angles of the walls as well a clear subject with the lion.» From a submission pool of 7.000+ images 23 photographs have been chosen for the final story which has been freshly pressed.

Previously published photographs by Andreas Baier on National Geographic’s online plattform:
1.) «Mother & Child» Story: A Child Will Be Born.
2.) «Undiscovered» Story: Bathtub Breakfast.

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Nachruf: «Der Unternehmer, Galerist, Kunstsammler und Mäzen Hansfried Defet im Alter von 90 Jahren überraschend gestorben»

7 Nov

Das «Neue Museum Nürnberg» in der Außenansicht
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Fotos von unserem Redaktionsfotografen Andreas Baier

Hansfried Defet
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Noch am 16. September 2016 nimmt Hansfried Defet anläßlich seines 90. Geburtstages, auch ausdrücklich im Namen seiner seit längerem verstorbenen Frau Marianne, die Gelegenheit wahr und erläutert im Rahmen seiner Pressekonferenz im «Neuen Museum Nürnberg» eine weitere großzügige Schenkung von 50 Arbeiten aus seiner Sammlung an eben jenes Haus. Damit krönt der Nürnberger Pinselfabrikant, ehemalige Galerist und Kunstsammler sein mäzenatisches Lebenswerk. Nur sechs Wochen später ist Hansfried Defet gestorben.

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Bildunterschrift: Hansfried Defet (sitzend) während seiner Sammlungspräsentation «Raum um Raum. Schenkung Marianne und Hansfried Defet» umgeben von Journalisten. Direkt links neben ihm im Bild der Leiter der Sammlung des Museums, Dr. Thomas Heyden, sowie die stellvertretende Direktorin und Leiterin des Referates für Öffentlichkeitsarbeit, Eva Martin (am rechten Bildrand).

Die zweite große Schenkungstranche umfasst unter anderem Werke von Peter Angermann, Horst Antes, Johannes Brus, Rolf-Gunter Dienst, Christian Faul, Günter Fruhtrunk, Hildegard Fuhrer, Johannes Geccelli, Gotthard Graubner, Erich Hauser, Gisela Kleinlein, Bernd Klötzer, Werner Knaupp, Gerhard Mayer, Christiane Möbus, Andreas Oehlert, Karl Prantl, Josua Reichert, Hans Peter Reuter, Susanne Roth, Dashdemed Sampil, Alf Schuler, Anne Sterzbach und Lea von Wintzingerode.

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Hansfried Defet wurde 1926 in einer Pinselmacher-Familie geboren und übernahm nach dem Tod seines Vaters den 1890 gegründeten Betrieb, der sich seit 1930 in Familienbesitz befindet. Den Eingangsbereich der «da Vinci Künstler- und Kosmetikpinselfabrik Defet GmbH» stellten er und seine Frau seit 1965 jungen Künstlern für die Präsentation ihrer Werke zur Verfügung – der Beginn einer über Jahrzehnte langen engagierten Galeristentätigkeit. Und wer «A» sagt, sagt natürlich auch «C», weshalb das Ehepaar Defet konsequenterweise ebenfalls an der Gründung der «Art Cologne» beteiligt war; und selbstredenderweise auch den von 1981 bis 1985 mit 10.000 Mark dotierten Defet-Preis des «Deutschen Künstlerbundes» stiftete. Nutznießer dieser fünf wunderbaren Veranstaltung waren Albrecht von Hancke, Johannes Brus, Hiromi Akiyama, Gisela Walther und, of course, Timm Ulrichs. (Über die Gründungsphase der «Art Cologne» berichtete Meerschweinchenreport hier).

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Bildunterschrift: Für dieses Portrait von Hansfried Defet ließ sich unser Redaktionsfotograf von einer riesigen, weitestgehend schwarzen, Arbeit des Künstlers Werner Knaupp inspirieren, die ebenfalls zum aktuellen Schenkungskonvolut gehört.

Die Galerie Defet schreibt auf ihrer Website: «Unsere Galerie wurde 1965 in den Räumen der ‹da Vinci Künstlerpinselfabrik› gegründet. Sie war nach dem Krieg die erste zur Förderung junger Künstler eingerichtete Privatgalerie Nürnbergs, die ihr Programm auf den Kunstmärkten in Basel und Köln einem internationalen Publikum vorstellte. Über 200 Ausstellungen wurden in den zurückliegenden Jahrzehnten organisiert, wobei u.a. auch die Performance-Scene der 70er und 80er Jahre eine hervorgehobene Rolle spielte. Unsere Aktivitäten im Bereich der Skulptur hatten im Dürerjahr 1971 mit dem ‹Symposium Urbanum› einen besonderen Höhepunkt erreicht. Bereichern doch eine Reihe der seinerzeit entstandenen Plastiken noch heute das Stadtbild Nürnbergs. Mit Ende der Ausstellung Reuter-Fuhrer ruhen die Aktivitäten der Galerie.»

Zu den von der Galerie Defet vertretenen Künstlern gehörten: Hiromi Akiyama, Peter Angermann, Horst Antes, Reiner Bergmann, Jürgen Bordanowicz, Johannes Brus, Nicola Carrino, Thomas Eller, Christian Faul, Johannes Geccelli, Rupprecht Geiger, Gotthard Graubner, Edgar Gutbub, Gisela Kleinlein, Bernd Klötzer, Werner Knaupp, Herbert Koller, Nikolaus Lang, Alf Lechner, Johan Lorbeer, Karl Prantl, Christiane Möbus, Josua Reichert, Hans Peter Reuter, Alf Schuler, Anne Sterzbach, Timm Ulrichs und Lambert Maria Wintersberger.

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Der Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg Dr. Ulrich Maly: «Für die Kultur der Stadt Nürnberg ist der Tod von Hansfried Defet ein großer Verlust. Die Nürnberger Kunstszene, viele Künstlerinnen und Künstler und Kunsteinrichtungen haben Hansfried Defet ungemein viel zu verdanken.» Und die Kulturreferentin der Stadt Nürnberg, Prof. Dr. Julia Lehner, würdigt Hansfried Defet als leidenschaftlichen Förderer zeitgenössischer bildender Kunst: «Das Atelier- und Galeriehaus Defet, der Skulpturengarten an der Stadtmauer, die von ihm ins Leben gerufene ‹Marianne und Hans Friedrich Defet-Stiftung› und seine großzügigen Gaben an das ‹Neue Museum› werden als sein Vermächtnis bleiben.»

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Es ist alles andere als alltäglich, daß ein Unternehmerehepaar nicht nur das eigene Unternehmen sukzessive erfolgreich ausbaut, expandiert, expandiert und expandiert, sondern darüber hinaus auch noch eine Galerie gründet, die schon nach wenigen Jahren zu einer der ersten Adressen im Segment der zeitgenössischen Kunst avanciert. Und wenn man dann noch liest, daß Marianne und Hansfried Defet ihre Galerie ursprünglich wegen einer weiteren Expansion des eigenen Unternehmens geschlossen, dies aber nicht lange durchgestanden haben, was zur Wiederaufnahme des Galeriebetriebs führte, dann läßt sich leicht ablesen, daß nur wahre Leidenschaft einen dazu befähigen kann, solche Extraenergieleistungen konstant zu erbringen.

Dieser Sachverhalt wird auch von einer Anekdote gestützt, die Hansfried Defet Mitte September anläßlich seiner hier gegenständlichen Pressekonferenz im «Neuen Museum Nürnberg» erzählte, als er Horst Antes einmal mehr in seinem Atelier besuchte, um ihn darüber zu unterrichten, daß er gerade eine große Arbeit von ihm verkauft habe. Aber anstatt Horst Antes die marktübliche Provision für seine Tätigkeit zu berechnen, zog er es lieber vor, sich von ihm mit einem weiteren Bild vergüten zu lassen. So handelt eben nur jemand, dem es in erster Linie um das Sammeln und die Förderung von Kunst geht.

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Mit Hansfried Defet hat sich nicht nur einer der ganz Großen vom Parkett der internationalen Kunstszene für immer verabschiedet, sondern mit ihm ist einmal mehr einer jener Humanisten verschwunden, diese adäquat zu ersetzen, sich unsere hinreichend seltsam mutierte Gesellschaft derzeit leider nicht in der Lage sieht.

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