Hansfried Defet
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Noch am 16. September 2016 nimmt Hansfried Defet anläßlich seines 90. Geburtstages, auch ausdrücklich im Namen seiner seit längerem verstorbenen Frau Marianne, die Gelegenheit wahr und erläutert im Rahmen seiner Pressekonferenz im «Neuen Museum Nürnberg» eine weitere großzügige Schenkung von 50 Arbeiten aus seiner Sammlung an eben jenes Haus. Damit krönt der Nürnberger Pinselfabrikant, ehemalige Galerist und Kunstsammler sein mäzenatisches Lebenswerk. Nur sechs Wochen später ist Hansfried Defet gestorben.
Bildunterschrift: Hansfried Defet (sitzend) während seiner Sammlungspräsentation «Raum um Raum. Schenkung Marianne und Hansfried Defet» umgeben von Journalisten. Direkt links neben ihm im Bild der Leiter der Sammlung des Museums, Dr. Thomas Heyden, sowie die stellvertretende Direktorin und Leiterin des Referates für Öffentlichkeitsarbeit, Eva Martin (am rechten Bildrand).
Die zweite große Schenkungstranche umfasst unter anderem Werke von Peter Angermann, Horst Antes, Johannes Brus, Rolf-Gunter Dienst, Christian Faul, Günter Fruhtrunk, Hildegard Fuhrer, Johannes Geccelli, Gotthard Graubner, Erich Hauser, Gisela Kleinlein, Bernd Klötzer, Werner Knaupp, Gerhard Mayer, Christiane Möbus, Andreas Oehlert, Karl Prantl, Josua Reichert, Hans Peter Reuter, Susanne Roth, Dashdemed Sampil, Alf Schuler, Anne Sterzbach und Lea von Wintzingerode.
Hansfried Defet wurde 1926 in einer Pinselmacher-Familie geboren und übernahm nach dem Tod seines Vaters den 1890 gegründeten Betrieb, der sich seit 1930 in Familienbesitz befindet. Den Eingangsbereich der «da Vinci Künstler- und Kosmetikpinselfabrik Defet GmbH» stellten er und seine Frau seit 1965 jungen Künstlern für die Präsentation ihrer Werke zur Verfügung – der Beginn einer über Jahrzehnte langen engagierten Galeristentätigkeit. Und wer «A» sagt, sagt natürlich auch «C», weshalb das Ehepaar Defet konsequenterweise ebenfalls an der Gründung der «Art Cologne» beteiligt war; und selbstredenderweise auch den von 1981 bis 1985 mit 10.000 Mark dotierten Defet-Preis des «Deutschen Künstlerbundes» stiftete. Nutznießer dieser fünf wunderbaren Veranstaltung waren Albrecht von Hancke, Johannes Brus, Hiromi Akiyama, Gisela Walther und, of course, Timm Ulrichs. (Über die Gründungsphase der «Art Cologne» berichtete Meerschweinchenreport hier).
Bildunterschrift: Für dieses Portrait von Hansfried Defet ließ sich unser Redaktionsfotograf von einer riesigen, weitestgehend schwarzen, Arbeit des Künstlers Werner Knaupp inspirieren, die ebenfalls zum aktuellen Schenkungskonvolut gehört.
Die Galerie Defet schreibt auf ihrer Website: «Unsere Galerie wurde 1965 in den Räumen der ‹da Vinci Künstlerpinselfabrik› gegründet. Sie war nach dem Krieg die erste zur Förderung junger Künstler eingerichtete Privatgalerie Nürnbergs, die ihr Programm auf den Kunstmärkten in Basel und Köln einem internationalen Publikum vorstellte. Über 200 Ausstellungen wurden in den zurückliegenden Jahrzehnten organisiert, wobei u.a. auch die Performance-Scene der 70er und 80er Jahre eine hervorgehobene Rolle spielte. Unsere Aktivitäten im Bereich der Skulptur hatten im Dürerjahr 1971 mit dem ‹Symposium Urbanum› einen besonderen Höhepunkt erreicht. Bereichern doch eine Reihe der seinerzeit entstandenen Plastiken noch heute das Stadtbild Nürnbergs. Mit Ende der Ausstellung Reuter-Fuhrer ruhen die Aktivitäten der Galerie.»
Zu den von der Galerie Defet vertretenen Künstlern gehörten: Hiromi Akiyama, Peter Angermann, Horst Antes, Reiner Bergmann, Jürgen Bordanowicz, Johannes Brus, Nicola Carrino, Thomas Eller, Christian Faul, Johannes Geccelli, Rupprecht Geiger, Gotthard Graubner, Edgar Gutbub, Gisela Kleinlein, Bernd Klötzer, Werner Knaupp, Herbert Koller, Nikolaus Lang, Alf Lechner, Johan Lorbeer, Karl Prantl, Christiane Möbus, Josua Reichert, Hans Peter Reuter, Alf Schuler, Anne Sterzbach, Timm Ulrichs und Lambert Maria Wintersberger.
Der Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg Dr. Ulrich Maly: «Für die Kultur der Stadt Nürnberg ist der Tod von Hansfried Defet ein großer Verlust. Die Nürnberger Kunstszene, viele Künstlerinnen und Künstler und Kunsteinrichtungen haben Hansfried Defet ungemein viel zu verdanken.» Und die Kulturreferentin der Stadt Nürnberg, Prof. Dr. Julia Lehner, würdigt Hansfried Defet als leidenschaftlichen Förderer zeitgenössischer bildender Kunst: «Das Atelier- und Galeriehaus Defet, der Skulpturengarten an der Stadtmauer, die von ihm ins Leben gerufene ‹Marianne und Hans Friedrich Defet-Stiftung› und seine großzügigen Gaben an das ‹Neue Museum› werden als sein Vermächtnis bleiben.»
Es ist alles andere als alltäglich, daß ein Unternehmerehepaar nicht nur das eigene Unternehmen sukzessive erfolgreich ausbaut, expandiert, expandiert und expandiert, sondern darüber hinaus auch noch eine Galerie gründet, die schon nach wenigen Jahren zu einer der ersten Adressen im Segment der zeitgenössischen Kunst avanciert. Und wenn man dann noch liest, daß Marianne und Hansfried Defet ihre Galerie ursprünglich wegen einer weiteren Expansion des eigenen Unternehmens geschlossen, dies aber nicht lange durchgestanden haben, was zur Wiederaufnahme des Galeriebetriebs führte, dann läßt sich leicht ablesen, daß nur wahre Leidenschaft einen dazu befähigen kann, solche Extraenergieleistungen konstant zu erbringen.
Dieser Sachverhalt wird auch von einer Anekdote gestützt, die Hansfried Defet Mitte September anläßlich seiner hier gegenständlichen Pressekonferenz im «Neuen Museum Nürnberg» erzählte, als er Horst Antes einmal mehr in seinem Atelier besuchte, um ihn darüber zu unterrichten, daß er gerade eine große Arbeit von ihm verkauft habe. Aber anstatt Horst Antes die marktübliche Provision für seine Tätigkeit zu berechnen, zog er es lieber vor, sich von ihm mit einem weiteren Bild vergüten zu lassen. So handelt eben nur jemand, dem es in erster Linie um das Sammeln und die Förderung von Kunst geht.
Mit Hansfried Defet hat sich nicht nur einer der ganz Großen vom Parkett der internationalen Kunstszene für immer verabschiedet, sondern mit ihm ist einmal mehr einer jener Humanisten verschwunden, diese adäquat zu ersetzen, sich unsere hinreichend seltsam mutierte Gesellschaft derzeit leider nicht in der Lage sieht.
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