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«Schwarzdenker» – Die neue «Zeit-Streit-Schrift»

12 Apr

Das Titelbild der ersten «Schwarzdenker»-Ausgabe –
Die neue «Zeit-Streit-Schrift»
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Daß hier Schwergewichtiges geboten wird, offenbart bereits ein flüchtiger Blick auf die Autorenliste (Auszug): Dr. Hans Jürgen Escherle «Verfall und Untergang der Sprache»; Jost Hochuli – «Ärgernisse»; Herbert Lechner «Fake News und die Lust am Betrug»; Olaf Leu «Der große Bluff»; Horst Moser «Mein Fremdschäm-Akku ist leer»; Peter Vetter «Immer dasselbe – immer anders»; Kurt Weidemann «Anmerkungen zum Umgang mit Kunden»; susanne zippel «vom komplexen unsinn der konsequenten kleinschreibung». Initiiert, gestaltet und herausgebracht wurde das gute Stück von Victoria Sarapina.

Die Rückseite der ersten «Schwarzdenker»-Ausgabe
Die neue «Zeit-Streit-Schrift»
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Die Rückseite gibt gut gestaltet die grobe Marschrichtung vor: «Beim Lesen läßt sich vortrefflich Denken. (Leo Tolstoi) Beim Lesen von ‹Schwarzdenker› vortrefflich amüsieren. Die Zeitschrift wirft einen bitterbösen, selbstironischen Blick auf die Lage der Kreativ-Branche und den Zeitgeist. Für Designer. Für alle, die es werden wollen, und für deren Eltern, die das gern verhindern würden».

Das ist ein sehr guter Werbetext, der die Sache weitestgehend korrekt beschreibt. Allerdings nur weitestgehend. Denn einige Beiträge sind alles andere als «selbstironisch» oder «bitterböse»: sie legen hinreichend desillusioniert die Auswirkungen des gesamtgesellschaftlichen Offenbarungseides dar, der im Laufe der letzten 30 Jahre tagtäglich von Waldorfschulgeschädigten, die ihren «langen Marsch durch die Instanzen» bedauerlicherweise erfolgreich absolviert haben, zum erheblichen Nachteil aller geleistet worden ist – und immer noch geleistet wird. Unter dem Deckmantel einer falsch verstandene Gleichmacherei (oft mit «Chancengleichheit» verwechselt) wird der Neid auf jene Leistungsträger kompensiert, die schon in der Schule zu den Besseren gehörten. Schließlich muß es eine schlüssige Erklärung dafür geben, warum die nicht gänzlich geistig Hellen im Regelfalle einen nicht gänzlich geistig hellen Eindruck machen. Das wirre Gerede einer Claudia Roth mag hierfür ein brauchbares Beispiel sein. So vertritt sie die steile These, daß auch ein Mensch mit Hilfsschulabschluß unbedingt die Möglichkeit haben muß, Medizin zu studieren. Oder, noch schlimmer, «auf Lehramt». Und dann wird von diesen Leuten zum Beleg das Grundgesetz herangezogen, ohne daß sie vom Grundgesetz auch nur die leiseste Ahnung haben. Horst Moser schreibt dazu in seinem Beitrag: «Ein Cover der Zeitschrift brandeins brachte das Thema Gleichheit auf den Punkt: ‹Gleichheit ist nicht gerecht› (Oktober 2003). Der brand eins-Autor und Mitgründer Wolf Lotter schreibt dazu: ‹Gleich­heit ist nicht gerecht – und kann auch gar nicht ge­recht sein. Jeder benötigt etwas anderes. Aber unsere Strukturen sind dennoch darauf ausgerichtet, uns alle gleich zu machen – Unternehmen, Karriere, Politik und vor allem Schulen zielen darauf ab, uns gleich zu machen. Speziell an Universitäten erleben wir das Streben nach Gleichheit.›»

Verfall und Untergang der Sprache
von Dr. Hans Jürgen Escherle
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Und so sei hier in Sachen Sic transit gloria mundi im «Schwarzdenker» auf den Beitrag «Verfall und Untergang der Sprache» von Dr. Hans Jürgen Escherle verwiesen. Es vergeht kaum ein Tag, da man nicht in der Tageszeitung, in Teletextnachrichten, im Fernsehen oder im Netz auf den Portalen sogenannter Qualitätsmedien mittels gravierender Rechtschreib- und Grammatikfehler sowie weiterer grober Sprachnachlässigkeiten gequält wird. Dieser Konstantmangel wird offensichtlich weder von der breiten Durchschnittsmasse noch von den verantwortlichen Chefredakteuren als solcher empfunden. Hauptsache, der neue Nasenring ist stabil genug, um sich an ihm bereitwillig durch die Youtube-Manege ziehen zu lassen, denn: Hauptsache ist ohnehin alles. José Ortega y Gasset formulierte bereits 1931 in Der Aufstand der Massen: «Das ist es, was ich im Kapitel als Kennzeichen unserer Epoche hinstellte: Nicht, daß der gewöhnliche Mensch glaubt, er sein außergewöhnlich und nicht gewöhnlich, sondern, daß er das Recht auf Gewöhnlichkeit und die Gewöhnlichkeit als Recht proklamiert und durchsetzt.» Bei Dr. Hans Jürgen Escherle liest sich das in seinem Essay über den nachkrieglichen Zerfallsprozeß unsere Sprache so: «Man hat sich bisher an einer Art Bildungssprache orientiert, jetzt orientiert man sich an der Unterschicht und am Pausenhof. Der zitiert längst keine Klassiker mehr, salonfähig ist vielmehr Fack ju Göhte.» Das ist fein beobachtet. Aber möglicherweise begründet das noch nicht vollständig den gesellschaftlichen Verfall. Er geht ebenfalls einher mit einem überzogenen Interesse an sich selbst – und zwar ausschließlich an sich selbst. Spätestens mit Angela Merkel wurde die Satzkonstruktion «Ich aber sage, …» salonfähig. Bei uns im Kindergarten lautete in den 1960ern noch der Merksatz: «Nur der Esel nennt sich selbst zuerst». Dr. Hans Jürgen Escherle schreibt dazu: «Sprache ist nicht nur Werkzeug des Denkens, sondern auch ein Indikator. Was geschieht, wenn das Werkzeug unbrauchbar wird? Was geschieht, wenn Sprache Alarm auslöst? Mit einem stumpfen Messer kann man nicht schneiden. Und mit einer Deppensprache nicht denken.» Und ergänzend: «Hier schließt sich der Kreis: Wir reden alle von Ehe 2.0, vom Chillen, Detoxen und anderen Lächer­lichkeiten, ohne uns der Lächerlichkeit bewusst zu sein, und die Zahl der Emojis steigt.»

Ärgernisse
von Jost Hochuli
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Und so stellt auch Jost Hochuli fest: «Ich wundere mich immer wieder, dass sich so viele Typografen ganz grundsätzlich nicht um die Sprache zu kümmern scheinen – obwohl doch Typografie in erster Linie Visualisierung von Sprache bedeutet und nicht einfach ästhetisierendes Hin- und Herschieben von Textblöcken, Titelzeilen und Abbildungen.» In seinem Essay zieht er zur Beweisführung das nicht sonderlich überzeugend gestaltete Buch eines Designers heran, den er namentlich nicht nennen möchte, der sich aber mit ein paar treffenden Suchbegriffen schnell recherchieren läßt. Der Wikipedia-Artikel der besagten Person strotzt und protzt nur so mit jedem einzelnen Detail zu seiner Vita. Einer wahren Kapazität würde soo etwas nicht im Traum einfallen. So scheint auch dieser Umstand die These von der gesellschaftlich verherrenden Wirkung des Ich-Ich-Ich-Über-Ichs zu stützen. Jost Hochuli: «Schludriger Umgang mit der Sprache, wichtigtuerischer Gebrauch der Sprache, Wichtigtuerisches im Hinblick auf die Sache, dummes und rücksichchtsloses Design – das ist es, was mich ärgert.» Indeed, wobei: in der Tat. Denn: «Eine Trivialität – verbal noch so emphatisch zelebriert oder typografisch in Szene gesetzt – bleibt eine Trivialität, und nur, weil sie englisch daherkommt, ist sie nicht weniger trivial.»

Über Jost Hochuli berichtete Meerschweinchrenreport bereits hier und hier.

Mein Fremdschäm-Akku ist leer
von Horst Moser
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Mein Fremdschäm-Akku ist leer
von Horst Moser
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Mein Fremdschäm-Akku ist leer
von Horst Moser
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Bei Horst Moser heißt es: «Gleich den Schock vorweg: Die Erbärmlichkeit des gemeinen Designers muss – ein Mal zumindest, und zwar hier – anhand kollektiver Verwerfungen angezeigt werden. Welche Verwerfungen? Dazu komme ich gleich. Zunächst noch eine Bemerkung zum Geburtsfehler dieser Spezies.» Und dann werden so viele «Geburtsfehler» aufgelistet, daß er eher von einem grundsätzlichen Konstruktionsfehler spricht, was, abhängig vom Geisteszustand der jeweiligen Generation, aber durchaus berechtigt ist. Und eigentlich dürfte selbst einem Fachfremden ein kurzer Blick auf die ersten drei Doppelseiten seines Beitrages ausreichen, und der Fachfremde begriffe sofort, was das Problem ist: Inkompetenz sowie der mangelnde Wille, sich selbst als dienende Funktion im Interesse einer übergeordneten Informationsvermittlung zu sehen – und genau darin die eigene Befriedigung zu finden. Diese verhunzten Doppelseiten sind Ergebnisse, die ihre Verwirklichung Inkompetenz, Desinteresse, vermischt mit dem unheilbringenden 68er-Keim des «sich einbringen Wollens» verdanken.

Wir erinnern uns als Mitglied der DDC-Jury des Jahreswettbewerbes «Gute Gestaltung» in der Kategorie «Studentische Abschlußarbeiten» ein formal hervorragend gedrucktes Buch aus dem Verkehr gezogen zu haben, weil die großformatigen Portraitfotos nicht nur fett über den Bund gelegt wurden, sondern auch, weil es sich der hierfür verantwortliche Junggestalter nicht hatte nehmen lassen, zusätzlich noch ein auf jede Person inhaltlich zugeschnittenes Mini-Booklet quer über das jeweilige Gesicht zu heften, welches dadurch ausschließlich entweder nur halbseitig links oder nur halbseitig rechts zu betrachten waren. Das war schlicht unfaßlich. Consequently, the Oscar goes not to …

Das sind alles Leute, die im späteren Berufsleben glauben, daß ihnen das Recht zustünde, alles machen zu können, und zwar allein schon deshalb, «weil sie studiert haben». Horst Moser schreibt u.a. zu diesem Problem: «Ich meine nicht die große philosophische Frage der Willensfreiheit im Schopenhauerschen Sinn, der treffend festgestellt hat: ‹Der Mensch könne tun, was er will, aber er könne nicht wollen, was er will.›» Unser Redaktionsfotograf erinnert sich an eine Portraitstrecke von Designagenturinhabern, die er im Auftrag der Landeshauptstadt Wiesbaden für das die Wiesbadener Designtage begleitende Magazin «Access All Areas» anfertigte. Bei einem Portraittermin wurde er von einem dieser seltsamen Jungagenturinhaber gefragt, welche Brennweite er denn gerade verwende, worauf unser Mann fürs grobe Korn antwortete: «Keine Ahnung, irgendwas mit Objektiv». Diese lakonische Antwort führte dazu, daß sich besagter (und offensichtlich nicht sonderlich erfahrene) Agenturjunginhaber mit den Verantwortlichen des «Access All Areas»-Magazins in Verbindung setzte, um seinen «Anspruch auf einen richtigen Berufsfotografen» zu reklamieren, denn: «schließlich habe ich studiert». Tja, wenn das alles ist, was Hochschulen heutzutage hervorzubringen vermögen, dann sind sie umgehend zu schließen. Diese fortlaufende Verschwendung von Steuergeldern ist angesichts durchzufütternder Flüchtlingsströme durch nichts zu rechtfertigen. Überflüssig darauf hinzuweisen, daß die hier in Rede stehende «Jungagentur» auch heute, über 10 Jahren nach diesem kleinen Vorfall, nichts hervorgebracht hat, über das zu Reden es sich lohnen würde.

An dieser Stelle fällt uns übrigens auf, daß auch das Thema «unbrauchbare Informationsgrafik» im «Schwarzdenker» durchaus seinen berechtigten Platz gehabt hätte. Nachfolgend die Arbeitsbeispiele zweier bekannter Gebrauchsgrafiker des 20. Jahrhunderts, die mit ihren individuellen Lösungsansätzen den Besuchern Manhattans eine brauchbare Orientierungshilfe an die Hand geben wollten.

Piet Mondrian wurde der Öffentlichkeit insbesondere durch seine Kreationen für das Pariser Modehaus Yves Saint Laurent in den 1960er sowie sein innovatives Verpackungsdesign für die französische Nobelduftmarke «L’Oréal» Mitte der 1990er Jahre bekannt. Zwar gewährt sein Stadtplan mit dem lebensbejahenden Titel «Broadway Boogie Woogie» (1942-43) einen realistischen Eindruck vom Grundriß der New Yorker Innenstadt, wenngleich dem typisch diagonalen Straßenverlauf des Broadways hier keine Rechnung getragen wurde, was eine stimmige Standortbestimmung mit diesem Kartenmaterial bedauerlicherweise nicht möglich macht.

Auch der zweite Kartierungsversuch Manhattans mit dem Titel «Nummer 1» aus dem Jahre 1949 von Jackson Pollock läßt insbesondere in den letzten Jahren Zukunftsforscher verstärkt aufmerken, erweckt dieser Entwurf doch den Eindruck, daß es dem depressiven Alkoholiker mit übergeordnetem Sendungsbewußtsein offensichtlich gelungen ist, bereits kurz nach Kriegsende sowohl die Bewegungsströme aller zukünftiger New Yorker Mobilfunktelefonnutzer als auch das gesamte Flugaufkommen über der Millionenmetropole detailgetreu abzubilden. Faszinierend und wunderschön anzusehen, nur leider wird man auch mit diesem Lageplan «The Bitter End» in der Bleecker Street nicht auffinden können. Schnüff.

Über Jackson Pollock und sein besonderes Verhältnis zu Peggy Guggenheim berichtete Meerschweinchrenreport bereits in seinem Beitrag über Tom Wolfs «Das gemalte Wort» hier.

Mein Fremdschäm-Akku ist leer
von Horst Moser
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Zur mangelnden Übersichtlichkeit im Bereich der reinen Typografie schreibt Horst Moser im übertragenen Sinne zu dieser Grundproblematik: «Nicht mühelose, schnelle Erfassbarkeit ist das Ziel dieser Gestaltung, sondern ein Wortbrocken-Zusammenstottern in bester Analphabeten-Manier.»

Horst Moser in seinem Büro
fotografiert von unserem Redaktionsfotografen Andreas Baier
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Als Gründer und Inhaber von «independent Medien-Design» kennt er auch die Mentalität potentieller (oder eben nicht potentieller) Mitarbeiter seines Gestaltungsbüros: «In Bewerbungsgesprächen kenne ich nahezu alle Antworten und Vorlieben der Kandidaten, bevor sie sie aussprechen. Würde man sie im politischen Spektrum verorten, wären öko, bio und grün die entsprechenden Labels.»

Über Horst Moser berichtete Meerschweinchrenreport bereits hier und hier.

Der große Bluff
von Prof. Olaf Leu
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So stehen wir nun nach vorstehender Bestandsaufnahme vor der Beantwortung der Frage, wie Entscheidungsträger auf Unternehmensseite, die vielfach unfähig sind, Qualität zu erkennen, die richtige Wahl unter zu beauftragenden Gestaltungsbüros treffen wollen, die sich ihrerseits oftmals selbst nicht in der Lage sehen, die erforderliche Qualität zu liefern? Und genau hier hilft uns Olaf Leus Essay «Der große Bluff» weiter. Er erklärt uns, daß es genau aus diesem Grunde so viele Kreativpreise bzw. «Apothekenbesuche» gibt: «Die ‹Apotheken›, sprich Wettbewerbe, befriedigen eine Nachfrage, die allein von Designern ausgeht. Und weil es so große Nachfrage gibt, gibt es so viele ‹Apotheken›.» Und weiter: «Das Ganze soll wie ein Narkotikum wirken. Und bei unbedarften Kunden, die nach Teilnehmern für einen Pitch suchen, funktioniert das auch». Voilà. Ergo: «Die Awards-Flut macht tatsächliche Differenzierungsmerkmale für unsere Kunden kaum mehr unterscheidbar. Die Nachricht, als einziger von 22.000 Einsendern einen Black Pencil beim D&AD zu bekommen, geht in den Nachrichten über 500 if-Awards völlig unter, weil unsere Kunden beides sowieso nicht unterscheiden können (…).»

Über Olaf Leu berichtete Meerschweinchrenreport u.a. bereits hier und hier und hier.

Anmerkungen zum Umgang mit Kunden,
Medien und der Öffentlichkeit: Manieren
von Kurt Weidemann
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Olaf Leu brachte auch den Text der 2011 verstorbenen Gestalter- und Kommunikationslegende Kurt Weidemann in das «Schwarzdenker»-Magazin ein, wofür ihm einmal mehr großer Dank gebührt. Weidemann seziert den komplexen Aufbau eines Unternehmens: «In den Unternehmen sitzen die ‹Unternehmensbildhauer› und basteln an der Corporate Identity, Corporate Personality, am Corporate Behaviour, an der Corporate Communication, am Corporate Image und Corpo­rate Design. Offenbar haben die Unternehmen Probleme, sich selbst zu erkennen und sich selbst zu benennen. Ihr Selbstverständnis und ihr Erscheinungsbild verschwimmt, doubliert, ist widersprüchlich oder gar nicht vorhanden.»

Und weiter schreibt er: «Die Kommunikation organisiert den monologen, dialogen, multifunktionalen Umgang der Menschen miteinander, ohne einander oder gegeneinander. Die Mittel dafür sind heute vielfältiger als je zuvor. Und sie zu bedienen, ist zunehmend weniger schwierig. Aber um mit den Kunden Verständnis und Vertrauen aufzubauen, braucht man immer noch etwas ganz Altmodisches: das Gespräch, Auge in Auge und Wort für Wort.»

Um zumindest halbwegs zu verstehen, WER der Verfasser dieser Worte war, ist es hilfreich zu wissen, WIE er sich selbst am Markt «positionierte», wobei wir es für hinreichend wahrscheinlich halten, daß er für uns allein für den Gebrauch des Wortes «positionierte» höchstwahrscheinlich einen Termin zur umgehenden Vorsprache beim zuständigen Standgericht vereinbart hätte: Der im 2. Weltkrieg mehrfach durch Nahkampf Verwundete saß da in seinem umgebauten Stuttgarter «Stellwerk West», zog sich Tag für Tag zu früher Morgenstunde ein Pils nach dem anderen aus der eigens zu diesem Zwecke direkt an seinen Schreibtisch verlegten Zapfanlage, dachte wohl so über dieses und jenes reichlich nach, entwickelte bei dieser Gelegenheit auch noch ein paar Schriften, u.a. die «Corporate», die die Hausschrift von «Daimler-Benz» und der «Deutschen Aerospace» werden sollte und beriet überaus erfolgreich in knallschwarzen Lederhosen persönlich die Vorstände von eben solchen international agierenden Weltkonzernen. Ein Produktdesigner, der ihn sehr gut kannte, sagte uns, daß «Weidemann eines nicht kannte: Angst. Er hatte vor nichts und niemandem Angst. Wenn Du weißt, welchen Job er im Krieg hatte, dann kommst Du da nur lebend raus, wenn Du keine Angst hast». Seinen Briefbogen zierte übrigens mittig eine kleine Tuschezeichnung, die von hinten König und Hofnarren ins Gespräch vertieft beim Wandeln zeigen. Der übergewichtige und körperlich wesentlich größere König beugt sich seitlich tief zum Hofnarren hinunter, um seinen Worten besser lauschen zu können. Wir glauben, daß es Kurt Weidemanns große Fähigkeit war, die Dinge – so wie sie sind – ohne Umschweif entwaffnend direkt zu beschreiben.

Legendär auch sein in der Öffentlichkeit geführte Disput ob seiner Neugestaltung des DB-Logos mit Erik Spiekermann, den er als «Stadionlautsprecher» bezeichnete. Der Auftakt im zugehörigen Bericht im SPIEGEL vom 28. 03. 1994 unter der Überschrift «Zu viele Busenbogen» las sich damals so: «Keinem Lokführer und keinem Schlafwagenschaffner war bislang aufgefallen, daß er mit dem Bahn-Emblem auf der Mütze für eine ‹hohe feminine Anmutung› sorgte. Der Stuttgarter Design-Professor Kurt Weidemann, 71, sah’s auf einen Blick. Insgesamt 28 Rundungen zählte er in dem 1952 entworfenen Logo – ‹Busenbogen›, ‹Hüftbogen› und ‹Schwangerschaftsbogen›; ganz miserabel schienen ihm die vier ‹runden Ecken›, die ‹tiefenpsychologisch Entscheidungsschwäche› symbolisierten. Seit Jahresanfang, seit es die Deutsche Bahn AG gibt, hat der Staatsbetrieb ein neues Signet. Rund 25 Millionen Mark hat die Einführung des Emblems gekostet; statt der weiblichen Rundungen – laut Weidemann ‹zu schlaff› – hat der Stuttgarter Designer ‹Straffung, Aufrichtung, Schlankung› geschaffen. Diesem ‹gewissermaßen erigierten Zeichen›, spottete der Berliner Typograph Erik Spiekermann, 46, in der Fachzeitschrift form, fehle ‹jede Emotion, wie Männern, die bekanntlich ja auch nicht mit dem Bauch, sondern einem weiter unten gelegenen Körperteil fühlen›.» Diese Vorhaltung dürfte Kurt Weidemann hinreichend kalt gelassen haben, zeichnete ihn doch ohnehin ein bemerkenswert entspanntes Verhältnis auch zu seinen eigenen Körperteilen aus. Angesprochen auf seine heftigen Trinkgewohnheiten antwortete der im Krieg mit der «silbernen Nahkampfspange» Ausgezeichnete im Alter von 87 Jahren: «Mein Körper hat mir zu gehorchen, und das tut er, weil er nichts zu sagen hat.» Ein Jahr später war er tot.

Über Erik Spiekermann berichtete Meerschweinchrenreport bereits hier und hier.

Fake-News oder die Lust am Betrug
von Herbert Lechner
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Fake-News oder die Lust am Betrug
von Herbert Lechner
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Herbert Lechner ist uns in den vergangenen Jahren mehrfach durch seine exellenten Vorträge auf der QVED (Quo Vadis Editorial Design) in der Alten Kongresshalle in München aufgefallen. Im «Schwarzdenker» gibt er uns einen kurzen Abriß über die Faszination an Fake-News in allen Formen und Farben und zieht hierfür ein illustratives Zitat von Christiane Meixner in der ZEIT heran: «Das Publikum steht staunend vor den Fake-Motiven und applaudiert – statt ins Museum zu jenen Originalen zu gehen, die Beltracchi überhaupt erst auf die Idee gebracht haben.» Dieses Zitat ist inhaltlich nicht ganz treffend, da Wolfgang Beltracchi lediglich im Stile des jeweiligen aus seiner Sicht zu fälschenden Künstlers gemalt hat. Er hat die Bilder nicht kopiert. Er hat zusätzliche Motive erfunden, oder Bilder kreiert, zu denen lediglich deren Bildtitel bekannt waren und die durch die Kriegswirren als verschollen galten bzw. immer noch als verschollen gelten. Von daher ist es durchaus angebracht, sich Beltracchis «Originale» zu betrachten. Und daß die von Frau Christiane Meixner ausgemachten Beltracchi-Claqueure nicht ins Museum gehen, um sich die Werke der von Beltracchi gefälschten Künstler in natura anzusehen, ist schlicht eine plakative Unterstellung. Nein, Herbert Lechners Essay ist lesenswert, ein schöner und unterhaltsamer Kurzstreifzug durch das Genre des Fälschens – wir haben lediglich ein Problem mit der notorisch ungenau arbeitenden ZEIT. Wir möchten diesen Youtube-Link empfehlen, der zu seinem Vortrag auf der «QVED» zum Thema «Die Abstraktion der Welt» führt.

Immer dasselbe – immer anders
von Peter Vetter
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Den optimistisch stimmenden Schlußpunkt bildet in unserer Rezension Peter Vetter, der schreibt: «Schwarzdenker offenbart manchmal eine futurophobi­sche Haltung. Hier finden Sie optimistische Gedanken zur Zukunft der visuellen Kommunikation.» Er führt fort: «In den vergangenen Jahren habe ich mich neben meiner Design- und Beratungstätigkeit intensiv in der Ausbildung engagiert, (…) dies insbesondere, weil wir davon ausgehen, (…) dass beispielsweise 65 Prozent der Schüler, die heute eingeschult werden, einen Beruf ausüben werden, den wir noch gar nicht kennen. Meine Gedanken basieren auf der Erfahrung und dem Austausch mit jungen Menschen in Europa, Asien und Nordafrika.» Zur Grundlagenforschung in Designfragen greift Peter Vetter immer wieder auf ein Regal in seiner Bibliothek zurück: «In meiner Bibliothek gibt es ein Regal, in dem die Bücher versammelt sind, die mir viel bedeuten. Das sind unter anderen «Aesthetica» von Max Bense, «Ways of seeing» von John Berger, «Designing Design» von Kenya Hara, «analog und digital» von Otl Aicher, «Amusing Ourselves to Death» von Neil Postman, «Digitale Welt und Gestaltung» von Tomás Maldonado oder etwa «Zeichen» von Umberto Eco. Hier und da nehme ich eines dieser Bücher heraus, öffne es an einer beliebigen Stelle und lese etwas Überraschendes, denn nach Jahren verstehe ich anders als vorher und kann dadurch weitere neue Erkenntnisse gewinnen.» Das vorstehend dargelegte Geschepper zwischen Kurt Weidemann und Erik Spiekermann war in der Geschichte der Typografie nicht der einzige Clash of The Graphic Titans (klingt in englischer Sprache tatsächlich bedeutungsvoller). Peter Vetter: «So hatte ich Anfang dieses Jahres wieder einmal Paul Rands ‹From Lascaux to Brooklyn› in der Hand. Und zufällig bin ich auf das Kapitel ‹Jan Tschichold versus Max Bill› gestoßen. Es handelt sich um die Auseinandersetzung über unterschiedliche Auffassungen zur Typografie. Der berühmte ‹Typografiestreit der Moderne› (Gerd Fleischmann) fand 1946 statt. Max Bill beschimpfte Jan Tschichold wegen seiner Abkehr von der ‹Neuen Typografie› als Verräter. Aus heutiger Sicht stehen diese beiden Auffassungen für zwei gegensätzliche Ideologien. Genau auf diesen Aspekt geht Paul Rand ein und kritisiert dieses Denken, um dann festzuhalten, dass es ausschließlich um Qualität und nicht um Gestaltungsideologie geht.» Abschließend gibt er uns noch eine brauchbare Feststellung zur Frage, welchen Wert gute Gestaltung für ein Unternehmen haben kann, mit auf den Weg: «Unternehmen mit hoher Affinität zur Gestaltung steigerten in den vergangenen zehn Jahren ihren Wert um fast das Doppelte und vergrößerten sich gegenüber dem Durchschnitt um 57 Prozent.» Peter Vetters Website.

Unser Redaktionsfotograf wurde auch um einen Beitrag gebeten, schickte jedoch eine Absage, die dennoch ihren Weg ins Heft fand:

Ich mache hier nicht mit! –
von unserem Redaktionsfotografen Andreas Baier
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Unser Schlußzitat haben wir Helmut Dietls großartigem Film «Rossini» entnommen: «Vom einst mächtigen Gebirge aus Leidenschaft und Liebe ist nur noch ein komischer Rest übrig, nichts Großes mehr – nur Sand im Getriebe: wie in den schlechtesten Komödien. Der alte Mief, alles geht schief, und die mörderische Frage, wer mit wem schlief, löst sich in Wohlgefallen auf.»

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Sensibles Thema. Deshalb keine Kommentarmöglichkeit.
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Olaf Leu, der «Ro 80» unter den Designern, wurde just 80 und veröffentlicht sein «R/80» bei «Spielbein Publishers»

18 Oct

Das neue Buch von Olaf Leu: «R/80»
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Sicher, wir hätten auch «Mr. Klartext spricht Klartext – bis in die Klappen» in die Überschriftenzeile setzen können. Oder: «‹R/80›, die intellektuelle Kraftnahrungspille für den anspruchsvollen Lebens- und Designinteressierten». Oder: «Wer bisher glaubte, die letzten zwanzig Jahre im falschen Film unterwegs gewesen zu sein, der erhält mit Olaf Leus ‹R/80› eine praktikable Anleitung zum Querumstieg bei voller Fahrt in den richtigen».

Einerseits. Andererseits fangen wir aber mit einem Zitat des ersten Satzes aus dem Prolog (Zwischen Müßiggang und Engagement) seines hier gegenständlichen neuen Buches «R/80» an: «Letztlich bin ich dann doch der Prophetie meines Kollegen Andreas Baier gefolgt, der schon nach Erscheinen meines Taschenbuchs i.R. orakelt hatte, dass es bei diesem ersten Band nicht bleiben würde. Und genauso ist es.» (Meerschweinchenreport berichtete hier). Tja Leute, schließlich geht doch dieser Tage nichts über eine ordentliche Portion Selbstreferenzielles, nicht wahr?

Nachdem nun auch das geklärt wäre, können wir mit unser eigentlichen Rezension beginnen. Wir zitieren abermals, diesmal aus dem Editorial, verfaßt vom Spielbein-Publisher Michael Eibes: «Warum sind Bücher wie dieses so wichtig? Es gilt Situationen, Zustände und vor allem Wissen zu dokumentieren. Denn Wiederholungen ohne Lerneffekt sind sinnlos.» Die fünf Hauptrubriken sind «Selbstverständnis», «Gestaltung mit Haltung», «Sein und Schein», «Geschichte und Geschichten» und «Prof. Dr. Klaus Klemp über den Autor Olaf Leu». Wer also geglaubt haben möge, daß es zum 80. von Olaf Leu lediglich angestaubte Lebensweisheiten zu lesen gäbe, der irrte gewaltig. Salopp gesagt: Das ist alles strenger Stoff. Sehr strenger Stoff, sogar. Als «kleine» Leseprobe sei in diesem Kontext «Eine Frage der Moral!? (S. 45 – 55)» empfohlen. Die dazu mehr als passende Illustration, der Textstartseite gegenüberliegend, bildet eine von ihm gestaltete Anzeige für Underberg mit der Hauptaussage: «Unser Underberg ist so gar nicht idyllisch». Eine Kernaussage, die Olaf Leu als Arbeitstitel für sein Buch gedient haben mag: «Hilfreiche Medizin muß bitter schmecken».

Olaf Leu im Züricher HarbourClub
Foto von Horst Moser

Als Material zum erweiterten Diskurs zitieren wir aus Horst Mosers Bericht über Olaf Leus jüngsten (und vermutlich wohl leider auch letzten) öffentlichen Auftritt vor dem Züricher «Harbour Club» – einer Vereinigung, der sich Vertreter der Schweizer Kommunikationselite zugehörig fühlen: «alle bekamen ihr fett ab: die unfähigen kommunikationsleute in den unternehmen, denen nichts anderes als ›pitch‹ einfällt und die kein ordentliches briefing zustandebringen. die inkompetenten agenturleute, die information nicht strukturieren können, von typo keine ahnung haben und dämliche bildsprachen beauftragen. und alle sind geil auf die inflationären awards, die oscar-falsifikate. all jenen wurde – um im biblischen jargon zu bleiben – die leviten gelesen.» Nun, wie wir bereits als Alternativüberschrift angeboten haben: «Mr. Klartext spricht Klartext – bis in die Klappen».

Aber das ist längst noch nicht alles. Wer wissen möchte, wie das kulturelle Verständnis vor der inoffziellen Kulturrevolution durch Social-Media und Smartphones ausgesehen hat, der mag sich den Leu-Text «Salon de Grolman – Die DDC-Keimzelle» zu Gemüte führen. Der Anfang als Auszug: «Naturgemäß verbinden sich mit dem Begriff Salon repräsentative Räumlichkeiten, in denen ein meist ebenso repräsentatives Ehepaar gesellschaftlichen Verpflichtungen nachgeht; darunter kann man die Zuwendung zur Literatur, Musik, Kunst oder Politik verstehen. Im Fall des Ehepaars von Grolman stand allerdings eindeutig das Design im Vordergrund. Repräsentativ war schon einmal die um die Jahrhunderwende errichtete Villa, in der man hier empfangen wurde: das Interieur aus geschmackvollen Einzel- oder Erbstücken aus dem Biedermeier, auch das eine oder andere diskret ausgehändigte Ahnenbild, die große Bibliothek, die schweren Ledersessel – all das atmete das Ambiente des selbstbewußten Citoyen, um in der französischen Begriffswelt zu bleiben. Tassilo von Grolman, stets gekleidet wie ein englischer Landedelmann, hielt hier mit Unterstützung seiner Frau Dagmar Hof.»

Die DDC-Keimzelle: Dagmar und Tassilo von Grolman in ihrem Salon.
Foto von unserem Redaktionsfotografen Andreas Baier

Somit ist Olaf Leus neues (und hoffentlich nicht letztes) Buch auch ein wichtiger Ratgeber für die Entscheidungsträger in der Industrie. Denn es geht weit mehr als nur um gelungene oder weniger gelungene Typografie: es geht um die Ermöglichung und Bewahrung von Lebensqualität als solches – es geht um «Lebensdesign»; und mit welcher inneren und äußeren Lebenshaltung man zu ihrem/seinem Gelingen beitragen kann – und mit welcher nicht.

Ein abschreckendes Beispiel für mißlungene Lösungsansätze ist der Alterungssimmulationsanzug. In dieses aufwendig geschneiderte Ungetüm werden junge Designmenschen gezwängt, damit sie erfahren können, was es heißt, alt zu sein, um sich dann in der Konsequenz – so die Theorie – in die Lage versetzt zu sehen, extra Geräte oder Lebensbereiche für alte Menschen und deren Bedürfnisse zu gestalten. Das ist, gelinde gesagt, vollstoff bescheuert. Der einzig adäquate Weg ist es, Gestalter mit der Erarbeitung von solchen Lösungen zu beauftragen, die bereits selbst der hier gegenständlichen Altersklasse angehören. Aber das passiert allein schon deshalb nicht, weil alles «hübsch jung und dynamisch» zu sein hat – sogar das Alter.

Olaf Leu im Züricher HarbourClub
Foto von Horst Moser

Wer also für sich, und/oder sein Unternehmen die Entstehung von Fehleinschätzungen und deren Produktionen verhindern oder nur ganz einfach zur Abwechslung mal wieder etwas Kultiviertes lesen möchte, der wird um die vollständige Lektüre von Olaf Leus «R/80» nicht herumkommen.

Das Buch wurde kongenial von Clemens Hilger gestaltet.

Die Feindaten:
Form: Paperback
Format: 14×19 cm,
Inhalt: 178 Seiten mit zahlreichen farbigen Abbildungen.
Preis: € 19,90

R/80 erscheint zur aktuellen Frankfurter Buchmesse bei Spielbein Publishers.
Bestellung online www.spielbeinpublishers.com
per E-Mail an hello@spielbeinpublishers.com
oder im Buchhandel ISBN 978-3-946718-00-0

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Museum Angewandte Kunst Frankfurt: «100 Jahre Neue Typografie Frankfurt»

31 May

Cover: 100 Jahre Neue Typografie Frankfurt im Museum Angewandte Kunst Frankfurt; fotografiert von unserem Redaktionsfotografen Andreas Baier.
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Wenn es um Gestaltung und Typografie geht, so ist unser Redaktionsfotograf kaum zu bremsen. Haben ihn Zeitgenossen, die nachts nicht schlafen können, nur weil sie noch nicht soo ganz genau wissen, an welcher Stelle sie auf ihrem Plakatentwurf das kleine «e» plazieren sollen, schon immer ganz besonders fasziniert. Und als eingefleischter und darob überaus verantwortungsbewußter Hypochonder ist ihm dies zudem «genau das Krankheitsbild, mit dem ich persönlich längerfristig zu tun haben will», so unser Mann fürs grobe Korn.

Seine komplette Bildstrecke über die Eröffnungsfeierlichkeiten zu «100 Jahre Neue Typografie Frankfurt» kann hier eingesehen werden.

Publikum: 100 Jahre Neue Typografie Frankfurt
im Museum Angewandte Kunst Frankfurt.

Nach dem Ersten Weltkrieg entstand in Frankfurt am Main ein einzigartiges Modernisierungs- und Gestaltungsprojekt, das als «Das Neue Frankfurt» vor allem in die Architekturgeschichte eingegangen ist. Es handelte sich dabei jedoch um ein sehr viel umfangreicheres Vorhaben, das politische, gesellschaftliche und gesamtkulturelle Dimensionen besaß und keinen geringeren Anspruch hatte, als eine neue Stadt und eine neue Gesellschaft zu erschaffen.

«Alles Neu!»: 100 Jahre Neue Typografie Frankfurt
im Museum Angewandte Kunst Frankfurt.

In der Ausstellung «Alles neu!» wird erstmalig eine systematische Aufarbeitung dieser Epoche für den Bereich Typografie und Grafikdesign vorgenommen.

Am Rednerpult: Prof. Dr. Klaus Klemp.

Die Schau stellt die 1920er Jahre ins Zentrum, spannt den zeitlichen Bogen weiter über die Nachkriegszeit bis in die 1980er Jahre und wird durch Spotlights auf die lebendige Designszene heute ergänzt.

 

1920er Jahre: Neue Typografie in der Sammlung Philipp Albinus

Blick in die Ausstellung: Sektion Philipp Albinus.

Ausgangspunkt der Ausstellung ist eine rund 7.000 Stücke umfassende Sammlung von Geschäfts- und Privatdrucksachen aus dem Nachlass des Buchdruckermeisters und Schriftsetzers Philipp Albinus, einem der wichtigsten Vertreter der «Neuen Typographie».

Bis in die 20er Jahre wurden in Drucksachen gebrochene Schriften verwendet, die noch auf die Zeit der Erfindung des Buchdrucks zurückgingen. Mit der «Neuen Typographie» zog die Gestaltungsmoderne innerhalb weniger Jahre in den Bereich der gedruckten Schriften ein.

Wichtige Akteure waren zudem die ansässigen Schriftgießereien, die das Rhein-Main-Gebiet zum wichtigsten Standort für die Reform der Typografie machten. Die Gießereien vertrieben die neuen Schrifttypen und beförderten die Durchsetzung der «Neuen Typographie» damit entscheidend. Hierzu zählt auch die erste populäre Reformschrift Futura; sie wurde zu einer der erfolgreichsten Schriften des 20. Jahrhunderts.

 

Nachkriegszeit

Nach 1945 war Frankfurt nicht zuletzt durch die Ansiedlung US-amerikanischer Werbeagenturen, durch Verlage wie Suhrkamp und S. Fischer und den Einfluss der Kasseler Plakatschule ein Hotspot des typografischen und werbegrafischen Geschehens der Zeit, wofür die Ausstellung «Alles neu!» zahlreiche Beispiele zeigt.

In den 1980er Jahren entstand entlang der ehemaligen Industriezone Hanauer Landstraße eine Art Kreativmeile mit neuen kleinen Agenturen und Künstlerateliers. An der HfG Offenbach brachte der Fachbereich Visuelle Kommunikation zahlreiche junge Gestalter hervor. Durch die Möglichkeiten des digitalen Gestaltens und der Computertypografie begann eine neue Phase der Frankfurter Designgeschichte, die nicht mehr auf Einfachheit und Reduktion beruhte, sondern in der nun auch konstruktive Verstörungen und Irritationen in den Vordergrund traten:

Temporäre visuelle Irritationen.

 

Heute

Die intensive Spurensuche in der Vergangenheit wird in «Alles neu!» ergänzt durch aktuelle gestalterische Positionen, die auf die neu entstandenen urbanen Erlebniswelten in der Rhein-Main-Region und Frankfurt seit den 1990er Jahren reagieren und dabei neue Strategien und Alternativen im Umgang mit Typografie und Grafik als Kommunikationsdesign entwickeln. Dass sich dabei Schnittstellen bilden, an denen unterschiedliche Designkonzepte aufeinanderprallen und es knirscht und kracht, ist durchaus beabsichtigt:

Konstruktiver Widerspruch: «Less Is A Bore».

Es applaudieren u.a.: Prof. Dr. Felix Semmelroth und Matthias Wagner K.

Gut lesbare Platzzeichen.

Selbstgebautes Kult(ur)objekt als Grundlage
für ein Plakat von Gunther Rambow.

Stefan Weil kommuniziert technoesk.

Was viele nicht wissen: Für die ersten drei Ausgaben des legendären Magazins «frontpage» zeichnet Stefan Weil verantwortlich. Das erklärt das kongeniale Lichtgleichnis an dieser Stelle.

Pixelgarten-Fingerzeig: Maybe Yes|No.

Ausstellungsrundgang mit Prof. Dr. Klaus Klemp,
Prof. Dr. Felix Semmelroth und Dr. Petra Kiedaisch.

Das legendäre Magazin «Instant» von Franz Aumüller und James Nitsch.

Arbeitsproben von Wolfgang Schmidt.

Ausführlich gewürdigt wird ebenfalls das komplexe und gleichzeitig stets nach Vereinfachung strebende Werk des ausgewiesenen Existentialisten Wolfgang Schmidt. Dazu gehören u.a. seine Theaterplakate, seine Buchgestaltungen für Wendelin Niedlich (Meerschweinchenreport berichtete hier zum Thema «Zwei Lebensläufe mit Niedlichs Buchladen als Schnittstelle»), seine «Zeichensysteme»; oder auch die grafische Gestaltung des Magazins «KUNST» von 1964 – 1968 sowie die Entwicklung von Kommunikationskonzept nebst Logo für die Mainzer «Galerie Baier» (beides in der Vitrine im Vordergrund).

Eines der beiden Titelbilder ist ebenfalls in dem SCHIRNMAG-Artikel «Intermezzo an der Isar – Pop in deutschen Städten, Teil 4: in München bleibt die Pop Art trotz ihrer Vielstimmigkeit ein Intermezzo» abgebildet:

Mehr ist über die Arbeit Wolfgang Schmidts für das Magazin «KUNST» sowie die «Galerie Baier» in einem Digital-Booklet auf der issuu-Plattform zu erfahren.

Die für diese grandiose Ausstellung verantwortlichen Kuratoren sind: Prof. Dr. Klaus Klemp und Prof. em. Friedrich Friedl, Peter Zizka und Matthias Wagner K (zeitgenössische Positionen).

The link to the «Museum Angewandte Kunst Frakfurt» comes here.

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Fine Art Printer: «Andreas Baier – Der Mann, der sich selbst nicht so ernst nimmt».

17 Jul

Portfolio Andreas Baier in «Fine Art Printer» (3/2015)
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Ab dem 24. Juni 2015 zeigt «Fine Art Printer» (s. o.) in seiner aktuellen Ausgabe für die Monate Juli, August und September ein sechsseitiges Portfolio mit einigen Aufnahmen aus dem Langzeitportraitprojekt unseres Redaktionsfotografen.

Die Wiedergabequalität ist excellent: Im 4C-Modus wird der Eindruck eines lupenreinen Triplex-Drucks erweckt.

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DDC-Designbibliothek: «i.R.»

17 Oct

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Foto auf dem Buchumschlag: Andreas Baier

In der neuen DDC-Taschenbuchreihe Personality ist zeitgleich zur Buchmesse der erste Band «i.R.» (im Ruhestand) erschienen. Er vereinigt alle Texte Olaf Leus, die im Zeitraum 2006 bis 2012 in Artikeln, Interviews, Vorträgen und Vorlesungen publiziert wurden.

Anzumerken seyen zwei Dinge: 1) Sich einen Olaf Leu im tatsächlichen Ruhestand vorzustellen, ist schlicht nicht möglich, womit es lediglich eine Frage der Zeit sein dürfte bis «i.R.2» aufgelegt sein wird; und 2) kommt das Cover ohne jegliche Namensnennung des Buchautors aus – ein Schwarzweißportrait genügt, und jeder vom Fach weiß, worum und um wen es geht.

Über Prof. Olaf Leu berichteten wir im Meerschweinchenreport beispielsweise hier und hier.

Mag dieser lesenswerte Band für andere Design-‪Koryphäe‬n eine Anregung sein, ebenfalls eine Zusammenstellung ihrer Gedanken und Überlegungen in der DDC-Bibliothek zu veröffentlichen.

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DDC Design Bibliothek – History (Band 3): «Metamorphosen – Die Neue Amerikanische Schule»

11 Oct

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Gestern steckte das gute Stück in unserem Briefkasten: Der neue DDC-Band: «Metamorphosen – Die Neue Amerikanische Schule».

Die Beiträge: «Die Neue Amerikanische Schule» (Olaf Leu); «Die Amerikanische Schule des grafischen Expressionismus» (Herb Lubalin); «Intellektuelle Inspiration suchten die Designer im Bauhaus» (László Moholy-Nagy); «Die Schweizer hatten Ordnung ins grafische Chaos gebracht» (Sascha Lötscher) sowie «Russische Revolution im amerikanischen Magazin Design» (Horst Moser).

Da wir in unserem Hause schon häufiger über das hier gegenständliche Hauptthema «Die Neue Amerikanische Schule» berichtet haben, befinden wir uns nun in der luxuriösen Position, mit vorstehend vorgenommenen Verlinkungen unseren Leserinnen und Lesern ein ebenso luxuriös ausgestattetes Informationsangebot zu dieser DDC-Vortragsdokumentation bieten zu können.

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Religiöses Thema. Deshalb keine Kommentarmöglichkeit.
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DDC-Mitarbeiterschulung: «Olaf Leus Neue Amerikanische Schule im Hause häfelinger+wagner design»

18 Jul

«Form Follows Function», ein Prinzip das einst von Rationalisten geprägt inzwischen seinen Fingerabdruck jedoch überall dem täglichen Erscheinungsbild unserer Gesellschaft in wohltuender Weise aufdrückt. Auch auf unvorhergesehene Art, wie das kleine blaue Küchekaffeekuchen-LKWchen beweist. Fazit: Die Befolgung des hier gegenständlichen Prinzips muß nicht immer eintönige Lösungen und Kreationen zur Folge haben.

Gemeinsam mit Prof. Olaf Leu befinden wir uns am Morgen nach seiner Bilanz-Lesung abermals auf dem Weg zu häfelinger+wagner design in der Münchner Türkenstrasse: Die Mitarbeiterschulung Neue Amerikanische Schule steht auf dem Programm.

Pünktlich betritt Frank Wagner den Innenhof zu seiner Agentur. Typisch für eine Just-in-time-production.

Ein kurzer und gekonnter Blick nach oben.

Kurzer und gekonnter Blick geradeaus: Prof. Olaf Leu und Frank Wagner im Gespräch.

Prof. Olaf Leu sieht kurz und gekonnt «das gute Licht» und fotografiert ebenso kurz und gekonnt unseren Redaktionsfotografen.

Der erste Einblick in den Konferenzraum. Deutlich ist der Aufmacherschriftzug «Die Neue Amerikanische Schule» zu erkennen, schließlich ist gute Lesbarkeit erste Schriftschnittpflicht.

Sich nicht auf Anhieb mit der Funktionalität eines kabellosen Bedienelementes für die Technik auszukennen, gehört überall auf der Welt unter Referenten zum guten Ton. Und so auch hier.

Die besten Bedienelemente sind jedoch nach wie vor die zehn körpereigenen USB-Anschlüsse, mit denen Prof. Olaf Leu es immer wieder versteht, neue Informationen aufzusaugen, um sie nach geistiger Überarbeitung wieder an seine ihm zuhörenden Mitmenschen abzugeben.

Inhaltlich sind wir auf «Die Neue Amerikanische Schule» von Prof. Leu bereits hier eingegangen, vorgetragen im Wiesbadener Designbüro Hilger & Boie. Die nachfolgenden fünf Aufnahmen bleiben unkommentiert.

Ein guter Typograf muß immer irgendwie auch ein guter Jedi-Ritter sein. Prof. Olaf Leu demonstriert: «Seht Ihr, wie ich mit meinen Fingerspitzen exakt auf der Höhe der Laufleiste des hinter mir hängenden Rolos entlangfahre, ohne mich dabei umdrehen zu müssen? Das ist der typografische Yoda-Faktor.»

«Denn», so fährt Prof. Olaf Leu fort, «wenn ich meine Hand nur leicht anhebe, also die Formation meiner Finger nur etwas verändere, so gewinnt das gesamte Bild deutlich an Farbigkeit; und zum anderen werden nun im Hintergrund die nicht mehr benötigten Utensilien meiner gestrigen Bilanz-Lesung abgeholt. Summa summarum läßt sich also feststellen, daß unterschiedliche Schriftschnitte auf unterschiedliche Art und Weise kommunizieren. Aufgabe eines guten Gestalters ist es also, zu jeder individuellen Kommunikationsaufgabe die jeweils passende Schrift zu finden – und einzusetzen.»

Ein visuelles Plädoyer gegen die nachträgliche Verzerrung von Buchstaben mittels der Möglichkeiten, die einem moderne Grafik- und Layoutprogramme bieten: Zwar mögen die Ränder der Projektionsfläche parallel zu den Rändern des Fotos verlaufen (womit nun alles schön ordentlich aussieht), aber dafür wirken die menschlichen Proportionen der beiden jungen Herren merkwürdig deformiert. Auch wenn sich solche Effekte in der Typografie in den meisten Fällen subtiler zeigen, so sollte man doch die Schriftschnitte in der praktischen Anwendung so belassen, wie sie vom Schriftgestalter einst ersonnen wurden.

Eine Nahaufnahme, die sich unserer Redaktionsfotograf von Prof. Leus Kommunikationswerkzeugkasten nicht entgehen lassen konnte.

Manchmal fragen wir uns schon, was unseren Redaktionsfotografen da reitet, beziehungsweise in diesem Falle geritten hat. Investigativ wie Meerschweinchenreport nunmal ist, haben wir bei ihm nachgefragt. Seine Erläuterung: «Das sind gelbe, grüne und natürlich auch rote Blutkörperchen. Oben rechts ist eine mikroskopische Detailansicht zu sehen. Auch ein kleines weißes Blutkörperchen, das sich im direkten Dialog mit den grünen und gelben Blutkörperchen befindet, die da – und das wissen sie selbst ganz genau – eigentlich nichts verloren haben. Mit dieser Bildbearbeitung wollte ich ja nur verdeutlichen, daß Kommunikation auf den unterschiedlichsten Ebenen und Metaebenen stattfindet.»

Von dieser These hinreichend fasziniert, beschließt Prof. Olaf Leu sich zum Mittagessen eine möglichst blutkörperarme Portion Gnocchi in Salbeibutter mit Parmesan einzuverleiben. Unser Redaktionsfotograf begleitet ihn. Zum Dessert eine Cohiba.

Im Anschluß gemeinsam mit Frank Wagner Besuch der von Thomas Weski zusammengestellten Thomas-Ruff-Übersicht im Haus der Kunst. Da von uns, unsere Stammleser wissen das, keine Kunstinterpretationen zu erwarten sind, möchten wir auf eine Rezension der Ausstellung von Andrian Kreye in der Süddeutschen Zeitung verweisen.

Erhabenen Schrittes bewegt sich Prof. Olaf Leu durch die Ausstellungsräume mit einer geschätzten Deckenhöhe von zwanzig bis dreißig Metern. Nur hier können Ruffs Werke ihr volles Aroma so ungestört entfalten, wie es vom Künstler von Anfang an geplant war. Frank Wagner hält dieses Ereignis mit seinem iPhone kurz und gekonnt fest.

Besteht etwa ein Zusammenhang zwischen Frank Wagners Körperdrehung um 90° und dem plötzlichen Auftreten seltsamer Pünktchen?

Wie Andrian Kreye in seiner SZ-Kritik bereits ausführt, so sind nicht alle mit Ruff-Werken bestückte Räume für Minderjährige geeignet. Gerade der fachgerechte Umgang mit Architektur ist ein typisches Erwachsenenthema.

Auf dem Rückweg ins Hotel gibt es kein Taxi – aber dafür viel Licht.

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DDC-Werkstattbericht: «Ein Besuch bei Thomas Rempen»

6 Jan

Überpünktlich stehe ich eine Viertelstunde vor der vereinbarten Zeit um 05:15 Uhr vor Prof. Olaf Leus Tür – und vertreibe mir die restliche Wartezeit damit, ein paar Fotos von jener Umgebung anzufertigen, in der ich zu meiner Jugendzeit den Hund ausführte. Es sei jedoch hinzuzufügen: Zu wesentlich zivilisierteren Tageszeiten.

Auf unserer Fahrt ins Münsterland haben Herr Prof. Leu und ich viel Zeit zum Diskutieren. Unter anderem darüber, was originär und was originell ist. Das Schicksal findet Gefallen an unserer Diskussionsführung, sodaß wir dank eines ausgiebigen Staus nicht nur die Möglichkeit bekommen, unsere unterschiedlichen Ansichten weiterführend und bis in den letzten Winkel auszutauschen, sondern werden zudem durch malerische Landschaften geführt, die uns harmonisch auf die Vorzüge ökologisch ausgerichteter Landwirtschaft vorbereiten.

Nun haben wir Thomas Rempens Hofgut Ashege erreicht. Im Hintergrund ist Peter Zizkas rotes Jacket wahrzunehmen. So wie Günther Fielmann oder Karl Ludwig Schweisfurth hat sich auch Thomas Rempen der ökölogischen Landwirtschaft verschrieben. Um prizipiell in Erfahrung zu bringen, wer in aller Grundsätzlichkeit Thomas Rempen ist, dem sei die Lektüre dieses Artikels aus Die Welt ans Herz gelegt.

Herzliche Begrüßung: Prof. Olaf Leu und Thomas Rempen. Im Hintergrund Ursel Schiemann und Dagmar von Grolman.

Mit klarem Blick: Tassilo von Grolman.

Thomas Rempen blättert im So-war-es-vorher-Booklet.

Der Hausherr referiert über die umfangreichen Sanierungsarbeiten, die er nach der Übernahme von Hofgut Ashege hatte vornehmen müssen. Links im Bild: Martin Breuer.

Weitere DDC-Werstatt-Besucher treffen ein.

Beispielsweise DDC-Vorstandmitglied Niko Gültig, der hier von Erika Koch begrüßt wird.

Thomas Rempen im Gespräch mit Silvia Olp; und Niko Gültig begrüßt im Beisein von Dagmar von Grolman Martin Breuer.

Prof. Olaf Leu im Gespräch mit Niko Gültig.

Die Vorzüge ökologischer Landwirtschaft sind überall gut zu sehen: Sogar die broccoliesken Anabelle Hortensien in ihrer verherbstlichsten Form vermögen es unter diesen Voraussetzungen, über sich hinauszuwachsen.

Martin Breuer verteilt unsere Trinkgefäße.

Das Gesprächsthema zum Auftakt des Werkstattbesuchs ist schnell gefunden: Thomas Rempen erzählt aus seinem Werberleben. Immer noch legendär, obwohl lange zurückliegend: «Rempens erste Mazda-Anzeige». Thomas Rempens Agentur hatte damals frisch den Mazda-Etat gewonnen und so fuhr er, wie es sich damals noch gehörte, eben einen Mazda – und mit diesem leicht unvorschriftsmäßig mit überhöhter Geschwindigkeit durch eine Autobahnbaustelle. Den Bußgeldbescheid druckte er inklusive Beweisfoto mit eben jener Headline, nämlich «Rempens erste Mazda-Anzeige», doppelseitig in der W&V ab, womit er nicht nur den Lacher auf seiner Seite hatte, sondern jedem unmißverständlich zu verstehen gab, was es aus der Sicht eines Thomas Rempen bedeutet, kompromisslos Werbung zu betreiben.

Herr von Grolman bekommt es von Silvia Olp tüchtig eingeschenkt, und zwar durch eine Teekanne aus dem Hause Tassilo von Grolman Design. Tröpfchen für Tröpfchen voller Qualität.

Ein Blick durch das Küchenfenster nach draußen. Im Vordergrund drei positiv zu adjektivierende und mit einigen Lichtpunkten versehene Flaschen Olivenöl.

Ein weiteres Bildbeispiel für die Richtigkeit der These: «Vordergrund – Bild gesund». Einerseits. Eine Alternativ-Bildunterschrift wäre andererseits: «Mit subtiler aber dennoch beharrlicher Strahlkraft bereichert die Sonne den sich im Vordergrund befindlichen starken Baumast mit herrlichen Sonneneinstrahllöchern, die nur eines verkünden, nämlich daß hier gerade eine Delegation von DDC-Mitgliedern tagt.»

Diese Reimregel läßt sich im Interesse einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Bildberichterstattung variieren: «Vordergrund mit Sachen – und der Mensch (Peter Zizka) muß lachen».

Was noch niemand am Tisch so recht glauben möchte, ist die Tatsache, daß es immer hipper wird, sich in die Fingerspitzen kleine Magneten einoperieren zu lassen. Noch lachen wir und Heiner Stüber darüber, wenn aber die ersten auf diesem Wege umoperierten Rentenbeitragszahler vom nächstbesten Vollmond ohne Schutzanzug in den Kosmos gesogen werden, wird der Spaß aufhören – und der Bundestag dieses Thema ernsthaft diskutieren.

Nur allzu gerne möchte wir in Erfahrung bringen, was es mit «tasch me» auf sich hat. Etwa magnetische Fingerkuppen?

DDC-Fotografin Erika Koch in Aktion.

«Nach dem Essen sollst Du Dich bewegen – oder vorher noch ein wenig reden.» (Zitat von Winston Churchill)

Wie vorstehend.

Wendet man seinen Blick von dem Cover eines Bildbandes über Gerhard Richter um ca. 90° nach oben, so blickt man direkt durch die riesige Wohnzimmerglasscheibenfront auf ein Motiv, das von Gerhard Richter schon einmal (weniger farbig) gemalt worden sein könnte. Unser Redaktionsfotograf Andreas Baier konnte vor diesem Hinter- bzw. Vordergrund der Versuchung nicht widerstehen…

Senkt man im Anschluß daran wieder sein Haupt und widmet seine Aufmerksamkeit nunmehr einem Früchte-Ensemble, das sich direkt neben besagter Richter-Publikation angesiedelt sieht, so verbindet man mit diesem Eindruck zwangsläufig den Namen Hans Hansen – und drückt den Auslöser seiner Kamera instinktiv ein weiteres Mal.

DDC-Gründungs- und Ehrenmitglied Prof. Olaf Leu im Gespräch mit DDC-Vorstandsmitglied Niko Gültig über die visuelle Strahlkraft der DDC-Farbe Gelb.

Thomas Rempen zeigt uns zunächst seine Speisetiere: Gänse, Hühner, Schafe.

Ein kurzer Pfiff und schon kommen sie ans Gatter: Rempens Lämmermütter.

Verfügen über großzügig bemessene Auslauf- und Weideflächen: Rempens Coburger Fuchsschafe.

Und immer wieder erhält die DDC-Delegation Erläuterungen aus erster Hand.

Sind höchstwahrscheinlich längst verdaut: Rempens Biogänse.

Frei nach Picasso: eine Friedensgans aus dem Hause Rempen.

Die Aktivstallungen auf Hofgut Ashege: eine Außenansicht.

Die Aktivstallungen auf Hofgut Ashege: eine Innenansicht.

Hier bekommen Dressurpferde die Möglichkeit, ihre Schrittechnik zu verfeinern. Ein DDC-Delegationsmitglied ergreift spontan die Gelegenheit, sich temporär in die Rolle eines solchen Dressurpferdes zu versetzen.

Zur Zeit sind die Ställe leer, da die Pferde das gute Wetter nutzen, um auf den Feldern frische Luft zu schnappen.

Stallungen, in denen man im wahrsten Sinne des Wortes vom Fußboden essen kann.

Thomas Rempen erläutert abschließend im Kurzdurchlauf die vielen zu bewältigenden Arbeitsabschnitte, die es zu durchlaufen galt, um seinen Hof in den jetzigen Aktivzustand zu versetzen.

And finally: A Landebahn has to be created in order to ermöglich Thomas Rempens Self-Made-Apfelkuchen a proper touchdown. Eine Vorgehensweise die auch Prof. Olaf Leu voller Vorfreude nur gutheißen kann.

Und selbstredenderweise dürfen Olaf Leus «Bilanz-Bände» (rot und blau) nicht fehlen. Auf Seite 107, 2. Bilanz-Band (blau), steht im letzten Absatz: «Herb Lubalin wurde nur 63 Jahre alt, und so war es für mich eine große und tief empfundene Ehre, meinen 1969 geschriebenen Artikel jetzt als Nachruf in PRINT vorzufinden. Sehr ungewöhnlich, dafür eine deutsche Stimme zu verwenden, verständlich aber vielleicht auch unter dem Gesichtspunkt, daß amerikanische Kollegen in mir einen mit Herb Lubalin Vertrauten sahen. Jedenfalls hinterließ er die wohl wichtigste Aussage, die auch heute – und gerade heute – noch immer Bestand hat: Das menschliche Gehirn gleicht einem Warenhaus visueller Informationen, man braucht sie zur Schaffung neuer visueller Konzeptionen.»

Thomas Rempens «Gehirnwarenhaus» ist, so viel dürfte sich jedem am heutigen Tage erschlossen haben, nach wie vor in einer Weise mit visuellen Informationen vollgestopft, daß ihm die Ideen zur Schaffung neuer – nicht nur visueller sondern ganzheitlicher – Konzepte bis zum jüngsten Tage nicht ausgehen werden.

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Zum 75. Geburtstag von Olaf Leu: Eine Bootstour auf dem Main

7 Oct

Einige Bilder sehen in der Vergrößerung viel besser aus. Dies läßt sich durch Anklicken der entsprechenden Bilddatei erreichen.

Auf dem Weg von der U-Bahnstation zum Landungssteg der «MS Gaby» überquert man, so man will, den Frankfurter Rathausplatz. Nicht zu übersehen: der nach dem Krieg wiederaufgebaute Römer. Eingefleischte Historismusgegner, eingewickelt im Schafspelz moderner Architekturliebhaber, hätten dort lieber eine schmucke 1950er-Jahre-Betonparkplatzgaragenanlage gesehen.

Malte Kindt bleibt lieber «Landratte» und wünscht uns eine gute Reise.

Die aus Hamburg überführte «MS Gaby» (Baujahr 1921) setzt sich in Richtung einer der vielen Mainschleusen in Bewegung. Von links nach rechts: Michael Eibes, Peter Zizka, Rainer Gehrisch, Gudrun Martens-Gottschall (Rücken) und Prof. Olaf Leu.

Im Hintergrund entwickelt und verdichtet sich die Skyline des Frankfurter Westends. Von links nach rechts: Peter Zizka, Rainer Gehrisch, Ingrid El Sigai, Prof. Olaf Leu sowie Gudrun Martens-Gottschall.

Das Frankfurter Bankenviertel, dargestellt durch die verdichtende Perspektive eines starken Teleobjektivs. Im Hintergrund der Messeturm, für dessen Gestalt der amerikanische Architekt Helmut Jahn verantwortlich zeichnet.

Einmal kurz abgebogen, das Weitwinkelobjektiv aufgeschraubt – und schon sieht alles ganz anders aus. Vorne rechts ist die neue DDC-Geschäftsstelle zu sehen, die voraussichtlich im Jahre 2014 fertiggestellt sein wird. Wegen der europäischen Vorbildfunktion, die der DDC in Designfragen fraglos ausübt, hat sich die EZB, großzügig wie sie sich im Moment allen denkbaren Finanzfragen gegenüber aufgeschlossen zeigt, bereiterklärt, das Sponsoring für die nicht ganz unerheblichen Baukosten zu 100% zu übernehmen. Herzlichen Dank! «Danichfür!» konntert die rechte Hand Jean-Claude Trichets gekonnt. Bescheidenheit ist eben eine typisch französische Attitude.

Am Wegesrande kurz aufgegabelt: Eine generationenübergreifende Getränkeübergabe.

A: «Ein harmonisches Farbspiel der Naturgewalten!» B: «Bitte?» A: «Naja, so ungefähr. Also mehr im literarischen Sinne.» B: «Aha.»

Der Fotograf, Filmer und Regisseur Rainer Gehrisch produziert das Geburtstagsfilmchen für Olaf Leu, das auch das Interview mit ihm beinhalten wird.

Apropos Interview: Da hinten wäre doch ein prima Platz zum Anlegen. Indeed.

«MS Gaby» nähert sich der Anlegestelle gemächlichen Dieselschrittes. Über dieses Foto selbst: Unter bestimmten Voraussetzungen kann man der Bauhaus-Ästhetik durchaus eine zarte und sinnliche Komponente abgewinnen.

Das Gespräch mit Olaf Leu kann beginnen. Von links nach rechts: Peter Zizka (Ton), Michael Eibes (Aufhellung), Rainer Gehrisch (Kamera), Prof. Olaf Leu (Gesprächspartner) sowie Gudrun Martens-Gottschall (Interview). Im Hintergrund «Das Gerippte», eine Architektur unseres DDC-Mitglieds Till Schneider (schneider+schumacher).

Das Gespräch ist im Kasten. Wir haben soeben u.a. erfahren, daß das Logo der Deutschen Bank von Anton Stankowski von ihm ursprünglich für den Stuttgarter Flughafen entwickelt wurde, es aber von den damaligen Betreibern nicht eingesetzt wurde, worauf er es einfach beim Deutsche-Bank-Logo-Wettbewerb erneut einreichte. Stankowski belegte nach Prof. Leu den zweiten Platz – bekam aber dennoch vom damaligen Sprecher des Deutsche-Bank-Vorstands den Zuschlag. Reihenfolge der abgebildeten Personen wie vorstehend.

Peter Zizka fotografiert Ingrid El Sigai.

Ingrid El Sigai, Peter Zizka, Rainer Gehrisch, Elisabeth Budde, Prof. Olaf Leu sowie Gudrun Martens-Gottschall (weiße Jacke).

Michael Eibes wirft seine Wasserangel aus. Erst wenn Wasserglas, Wasserangelrute sowie Wasserangelschnur nebst Wasserangelköder zuvor im Wasserglas vereint eine spirituelle Einheit haben bilden können wird der Fang von Wasserangelfischen gelingen.

Wasserangelfische, die der Freiheit übergeben wurden, streben in der Regel als erstes eine Brücke an, auf der sie sich in der für sie so wichtigen Gebärdensprache üben.

Steuermann und Fotograf Ralf Braum im Dialog mit Eva Leu. Links hinter der Kamera: Rainer Gehrisch.

Einmal mehr «Das Gerippte».

Eine Sensation, weil niemand mehr damit gerechnet hatte – am aller wenigsten unsere in aller Welt führenden Schriftgelehrten: Die römische «Winkelschrift» in der architektonischen Anwendung. Um Mißverständnisse zu vermeiden: Die «Winkelschrift» hat nichts mit der uns bekannten römischen oder auch lateinischen Schrift zu tun. Sie basiert vielmehr auf einem intellektuellen Zusammenschluß von «Keilschrift» und der römischen Darstellungsweisen von Zahlen.

Die obere Zeile auf der linken Seite des römischen Hauses besagt beispielsweise, daß im Jahre 3421 der letzte Mensch die Erde verlassen haben wird. Populationswissenschaftler zeigen sich erstaunt, daß es doch noch soo lange dauern wird. Die mittlere Etage stellt eine alte römische Redensweise dar, nämlich: «Ceterum censeo diesgebäudinem esse delendam!» Und was die letzte und unterste Etagenzeile besagt, ist nicht ganz zu klären, weil einige Buchstabenumschaltfunktionen bedauerlicherweise von der davor verlaufenden Brücke verdeckt werden. Es geht aber im Kern der Aussage – so viel läßt sich mit Sicherheit feststellen – zum einen um Eisbären und zum anderen um wärmende Handschuhe.

Im Inneren des Gebäude, dem «Domus Ictus», wurden die von den Römern im Main gefangenen Wasserangelfische zum Trocknen aufgehängt – und später auf dem Markt verkauft.

Die Bootstour ist beendet. Olaf Leu bedankt sich bei Ralf Braum für den schönen Trip.

Auf dem Boot, filmenderweise, Rainer Gehrisch. Vom Ufer aus winken die anderen Bootstourteilnehmer zum Abschied.

Auch hier begegnen wir Überresten der römischen «Winkelschrift», die von uns Bootstourteilnehmern vorbeigehenderweise aufmerksam begutachtet wird. Es ist weltweit der bekannteste Fundort. Zunächst vermutete man auf dem Kopfsteinpflaster eine rudimentäre Vorform des «Sudoku»-Spiels, was allerdings von Otl Aicher, der als eingefleischter Schriftgestalter nicht eben wenig Zeit mit «seiner» Winkelschrift verbrachte, eindrucksvoll widerlegt werden konnte. Aicher wies nach, daß es sich um ein frühes «Ampersand»-Zeichen handelt, das er mit Genehmigung der Frankfurter Stadtverwaltung in seiner von ihm gestalteten «Rotis» auf der Innenseite des dem Fundort gegenüberliegenden Brückenpfeilers anbringen durfte.

Lieber Herr Prof. Leu, um es mit einem Zitat aus dem Roman «Per Anhalter durch die Galaxis» zu sagen: «Danke für den vielen Fisch!» Und natürlich: Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!

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Prof. Olaf Leu zu Gast bei Hilger + Boie

1 Aug

Typopapst Prof. Olaf Leu (hier nicht im Bild) zu Gast im Hause Hilger + Boie. Sein Vortragsthema: «Die Neue Amerikanische Schule».

Die Grundlage für einen gesunden Vortrag bildet eine breitgefächerte Palette an gesunder und naturverbundener Nahrungsmittel, die sich sowohl Referent als auch die Mitglieder des Publikums möglichst kurz vor Vortragsbeginn zuführen sollten.

Hierbei versorgt Gelb durch Verzehr den Verzehrenden mit den Eigenschaften Neugierde, Tatendrang und Kompetenz; Rot stärkt Tatendrang, Kompetenz und Neugierde; während Grün die Vorzüge von Gelb und Rot in sich vereint und auf kulinarischem Wege erfrischend weiterleitet. Außerdem wird Blau aus der Reserve gelockt, was einem Lichtbildvortrag im RGB-Modus einfach gut zu Gesicht steht.

Wir sehen: die Zufuhr von gesunden und verschiedenfarbigen Paprikastreifen zeigt Wirkung und entfaltet ihre herrliche Farbpracht bis in die Haarspitzen der Zuhörer. Ça veut dire: Der RGB-Lichtbildvortrag von Olaf Leu verankert sich fest in den Köpfen des Publikums.

Auf der Projektionsfläche sehen wir aktuell den Künstler Josef Albers, der allein mit seiner legendären Farbanalyse «The Interaction Of Colour» das Fundament an Wissen für den Umgang mit Farben in der Praxis goß.

Olaf Leu am Beamer

Die Zutaten für die Ursuppe der Neuen Amerikanischen Schule waren: Kubismus, Futurismus, Dadaismus, Surrealismus, Konstruktivismus, Suprativismus, Bauhaus und der sogenannte Schweizer Stil. Aus diesem Gebräu entwickelte sich die Grundlage für Olaf Leus Vortrag.

Nun, warum aber entstand die Neue Amerikanische Schule in den Vereinigten Staaten? Hier hilft uns folgendes Zitat weiter: «Europa kommt schnell, aber die eine Sache in der Europa noch hinterher hinkt, ist die Tatsache, dass die großen Fotografen, die Illustratoren und die Service-Studios in den Vereinigten Staaten sind. Amerikanische Art Directors haben Glück, diese Leute vor Ort zu haben.» Olaf Leu scheute keine Anstrengung, diese neue Schule des typografischen Sehens nach Deutschland zu bringen.

Widmen wir uns zunächst der Arbeit der drei großen Pioniere der amerikanischen Magazingestaltung, die ironischerweise sämtlichst russischer Natur waren: Alexey Brodovitch, Dr. Mehemed Fehmy Agha, sowie Alexander Liberman. Auch der Österreicher Henry Wolf gehört mit zu diesem Kreis. Die nun folgenden Screenshots sind dem Originalvortrag von Prof. Olaf Leu, für dessen liebevolle Gestaltung das Designbüro häfelinger & wagner design verantwortlich zeichnet, entnommen:

Paul Rand ist für eine ganze Reihe hochkarätiger Unternehmenszeichen verantwortlich, wie beispielsweise IBM oder NEXT:

Herb Lubalin ist der große Typograph, dem durch den zwingenden Gebrauch von Logik u.a. zwingend schlüssige Schriftlogos gelangen:

Olaf Leus Vortrag (hier fotografiert von Michael Eibes) klingt mit einigen seiner eigenen Arbeiten aus:

Blick von außen in den Vortragsraum bei Hilger+Boie. Gerade projiziert: László Moholy Nagy mit seinem Zitat, das er Anfang der 1920er Jahre äußerte: «Die nächsten Jahrzehnte werden die des Bildes sein.»

Ein weiterer Blick in den Vortragsraum.

Und weil’s so schön ist: Ein weiterer Blick in den Vortragsraum.

Ist gutes Design, ist perfekte Typographie messbar? Und falls ja: Wie sehen diese Meßinstrumente aus? Auch diese nicht ganz unwichtige Frage wurde bis ins kleinste Detail eingehend erörtert – und von Olaf Leu für gut befunden.

Einige Arbeiten aus dem Hause Hilger+Boie.

Der Vortrag ist soeben beendet. Entspannt räkelt sich der Vortragsordner (man beachte das zitronengelbe DDC-Gelb) entspannt im wärmenden Beamerlicht und wartet darauf, auf die Glastischplatte gelegt zu werden.

Anschließende Diskussion bei lehrreicher Lichtstimmung!

Wer sich intensiv mit Typografie beschäftig, dem stellt sich irgendwann unausweichlich die Masterfrage: «Wie hoch ist eine gute x-Höhe?» Bis heute scheiden sich an ihr die Geister. Wer von unseren Lesern wissen möchte, was eine x-Höhe ist, so sei er herzlich eingeladen, jeweils das kleine «h» von der «Helvetica» und der «Univers» miteinander zu vergleichen. Voilà.

Prof. Olaf Leu und Malte Kindt, der ebenfalls eine konkrete Vorstellung von einer adäquaten x-Höhe hat.

Der zweite Band der Autobiografie Olaf Leus «Bilanz» wird von Clemens Hilger und Matthias Boie einer verdienten Mitarbeiterin überreicht, die nach Australien übersiedelt.

Brötchen, Brötchen, Brötchen… Konsequentes Kommunikationsdesign erkennt man auch und gerade im Detail: Einmal mehr steht eine ausgeglichene und schmackhafte RGB-Darstellung zum Abschluß im Vordergrund. Eine rundum lehrreiche und gelungene Veranstaltung.

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Olaf Leu zieht vor handverlesenem Publikum im Design Center Stuttgart den zweiten Teil seiner «Bilanz»

30 May

Screenshot DDC.de – Alle Fotos zum Vergrößern bitte anklicken!

Über Olaf Leus ersten Teil seiner «Bilanz» schreibt Prof. Dr. Klaus Klemp, Ausstellungsleiter Museum für angewandte Kunst in Frankfurt am Main: «Authentizität scheint zum neuen Modewort des Designs zu werden. In der Biografie von Olaf Leu findet man allerdings keinen modischen, sondern einen wahrlich authentischen Gestalter wieder, der vor allem kenntnisreich vermittelt, dass Design weniger ein Kunststück, sondern vielmehr ein komplexer Prozess ist, der gesteuert sein will. Und darin war Olaf Leu immer ein ebenso bravouröser und brillanter wie auch in jeder Hinsicht effektiver Dirigent.»

Und Rudolf Paulus Gorbach, Vorsitzender der Typographischen Gesellschaft München von 1996 bis 2007, schreibt: «Olaf Leus überaus vielseitige Tätigkeit, seine Arbeit als Gestalter, Lehrer und Autor führte zu seinem hohen Ansehen, nicht nur in unserer Branche. Meine und die späteren Generationen profitieren von seinen Themen und Projekten noch heute, hatte Leu den tdc und den adc of New York doch nach Deutschland gebracht und damit die amerikanische Gestaltung und Typografie nach Deutschland vermittelt. Beispiele dafür sind die wunderbaren Broschüren und Drucksachen für die Druckfarbenfabrik Gebr. Schmidt. Dass man einmal so schön werben durfte! Mit großem Interesse und Vergnügen habe ich den ersten Band seiner ›Bilanz‹ gelesen, die nicht zuletzt auch für ein außergewöhnliches Stück Typografiegeschichte steht. Und schließlich durfte auch die ›tgm‹ erheblich an Olaf Leus Typografie-Leben teilhaben.»

Olaf Leu beschreibt in seinem zweiten Bilanz-Teil seine prägenden Stationen als Packungs- und Kalender-Gestalter, als Weltenbummler in Sachen Design, als Typograf und Schriftenentwickler, als Corporate-Designer, als Design-Juror, als Design-Consultant, als Designer-Kollege, als Design-Lehrer; lebensnah, lehrreich, unterhaltsam, zuweilen launig – und sehr persönlich erzählt. Auch Kollegen kommen zu Wort. Wer dieses Buch gelesen hat, weiß, wie und warum Olaf Leu wurde, was er (bis heute) ist: Eine Designlegende, die sich einmischt, gerne auch mal provoziert, die Qualität des Ergebnisses immer konsequent im Auge behält und dabei keine Kompromisse macht, kurzum – Vorbild für eine Gestaltergeneration, die sich mehr denn je über Pixel denn über Kommunikation zu definieren scheint.

Und mit dieser Designlegende saß ich also kürzlich zusammen in einem fortschrittlichen Automobil, um mit Zwischenstop in Frankfurt am Main in Richtung Design Center Stuttgart zu fahren. Zunächst trafen wir an einer Tankstelle zufälligerweise Prof. Volker Liesfeld und danach auf Anne Deile und DDC-Vorstandsmitglied Peter Zizka im Hause Heine/Lenz/Zizka. Anschließend ging’s gemeinsam in die baden-württembergische Landeshauptstadt. Zuvor beschenkte mich Peter Zizka noch mit diesem Buch, das ich nach Lektüre hier noch rezensieren werde.

Olaf Leu wünscht sich etwas mehr natürliches Leselicht, das mit viel Fingerspitzengefühl von oben durch die Decke dringen möge.

Peter Zizka kommt dieser Bitte gerne nach und öffnet behutsam die Tageslichtluke des Heine/Lenz/Zizka-Tageslichtdesignstudios.

Na bitte! Nun konkurrieren sowohl Plastikflaschenschraubverschluß als auch Krawatte vorbildlich um die Aufmerksamkeit des Betrachters – ein ergiebiges, visuelles Streitgespräch zweier wichtiger Gebrauchsgegenstände beginnt, wobei der Schlips den eindeutig besseren Platz an der Sonne für sich zu verbuchen weiß. Klarer Punktesieg. Nebenbei ist nun ebenfalls genügend Leselicht eingetroffen! Einer gesunden Vorbereitung auf den anstehenden Leseabend steht nun nichts mehr im Wege.

Während der Fahrt haben wir genügend Zeit, um die richtig wichtigen Fragen des Lebens eingehend zu erörtern, die sich nach abschließender Bearbeitung vorbildlich verpackt bequem schultern lassen.

Peter Zizka und Prof. Olaf Leu werden durch das Design Center Stuttgart auf dem Parkplatz freundlicher in Empfang genommen.

Olaf Leus «Bilanz»-Exemplare genießen auf dem Weg zum Aufzug umfangreichen Personenschutz durch die Design-Engel des Design Center Stuttgart.

Erster Stock.

Noch vor der eigentlichen Lesung werden erste Gespräche mit Designinteressierten geführt.

Sogar die Unterseiten der Treppenstufen zum Leseraum geben Auskunft über die Themenvielfalt der Bibliothek des Design Center Stuttgart.

Die Stimmung ist hervorragend.

Die Lesung beginnt, und die Bilder sprechen für sich:

Begleitet von regem Applaus erklärt Olaf Leu seine Bilanzierung für beendet.

An der anschließenden Podiumsdiskussion nehmen, von rechts nach links, teil: Jochen Rädeker, Geschäftsführer Agentur strichpunkt sowie Vorstandssprecher ADC; Conny Winter (ADC und BFF), Fotograf; Prof. Olaf Leu, Ehrenmitglied DDC; Peter Zizka Heine/Lenz/Zizka sowie DDC-Vorstandsmitglied in seiner Eigenschaft als Moderator der Podiumsdiskussion.

Nach der Podiumsdiskussion herrscht reges Treiben an der «Bilanz-Tränke». Jeder möchte sein persönliches Exemplar von Olaf Leu signiert bekommen.

Das Signieren nimmt kein Ende: Peter Zizka, Christiane Nicolaus, Conny Winter, Jochen Rädeker und Prof. Olaf Leu.

Ah! Da kommt mein persönliches Exemplar. Sehr gut!

Ausgezeichnete Stimmung bis zum Schluß: Peter Zizka, Jochen Rädeker, Christiane Nicolaus, Anne Deile, Olaf Leu.

Was soll ich abschließend sagen? Olaf Leus zweiteilige «Bilanz» ist das Standardwerk für jeden, der sich für konzeptionelle Gestaltung in seiner disziplinierten Form interessiert. Wer es nicht liest, braucht sich deshalb auch nicht zu wundern, daß ihm entscheidende Informationen für ein wirkungsvolles Designverständnis vorenthalten bleiben. Und ganz nebenbei: Zwischen den Zeilen stehen ebenfalls dick und fett jede Menge Empfehlungen, wie man eine erfolgreiche Akquise betreibt. Ach ja, und was ich mich angesichts des unglaublich umfangreichen Tätigkeits- und Bilanzberichtes von Olaf Leu frage: «Gibt es etwa einen Weg, zwanzig Jahre lang erfolgreich das Schlafen zu vermeiden?» Falls ja, so möge er darüber bitte unbedingt in seinem dritten Teil referieren!

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Sensibles Thema. Deshalb keine Kommentarmöglichkeit.
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