Click to enlarge cultureuploadedly
Axel Hecht’s laudation to Gerhard Richter who was
awarded with the «Kaiserring der Stadt Goslar» in 1988
Foto von Andreas Baier
Kürzlich ist der ehemalige Chefredakteur des zum Verlagshaus Gruner + Jahr gehörenden Kunstmagazins art Axel Hecht im Alter von 69 Jahren nach schwerer Krankheit gestorben.
Als der Kunstsammler und Verleger Henri Nannen den damals 29-jährigen Axel Hecht zunächst zum Ressortleiter Kultur des «stern» ernannte, ermunterte er ihn nach erfolgreicher Arbeit Ende der 1970er Jahre als nächsten Schritt dazu, gemeinsam mit dem ehemaligen stern-Mitarbeiter Wolf Uecker an einem Konzept für ein Kunstmagazin zu arbeiten, das erstmals am 15. Oktober 1979 unter dem Namen art an den Start ging.
Spötter nannten das Heft etwas abfällig (und aus damaliger Sicht eines typischen Kunstintellektuellen vielleicht auch nicht ganz unberechtigt) schlicht: «Kunst-Brigitte». Tatsächlich konnte man die Optik des art-Magazins im Wesentlichen als eine Verschmelzung der beiden blattmacherischen Prinzipien von «Brigitte» und «GEO» bezeichnen. Unvergessen, und immer noch legendär: Die «Kunstkärtchen» als perforierte Extrakartonbeilage, die ähnlich wie Kochrezepte in einer hierfür eigens zum Sammeln gefertigten Plastikbox aufbewahrt werden konnten. Pro Kärtchen war die Arbeit eines bedeutenden Künstlers abgebildet, beispielsweise ein «Sonnenblumenbild» von Vincent van Gogh zusammen mit ein paar Eckdaten seiner Vita. So ging es konsequent und quer durch die komplette Kunstgeschichte, so kamen Künstler wie beispielsweise Picasso, Braque, Rembrandt, Rubens, Goya, Kandinsky, Dali, Magritte bis hin zu da Vinci zu völlig neuen und hinreichend komprimierten Ehren. Es war eine kunstgeschichtliche Fortbildungsmaßnahme im konsequent angelegten Astronautennahrungsmodus, die sich mit einiger Berechtigung an eine breite Mittelstandsschicht richtete, die zwar alles andere als ungebildet aber im Bereich der Modernen Kunst noch nicht ganz so belesen war wie sie es gerne gewesen wäre.
Für die Produktion der größeren Bildstrecken beauftragte Axel Hecht nicht selten den auch von uns hoch geschätzten und leider viel zu früh gestorbenen Fotografen Dirk Reinatz, der es vermochte, mit seiner Arbeit sowohl die jeweiligen Kunstwerke als auch den zugehörigen Raumeindruck so harmonisch und gekonnt darzustellen, daß man als Betrachter unweigerlich das Gefühl vermittelt bekam, die richtige Ausstellung eigentlich gar nicht mehr besuchen zu müssen, da man es ja soeben getan habe.
Menschlich wirkte Axel Hecht auf jemanden, der ihn nicht richtig kannte, einerseits als offen und neugierig, andererseits jedoch als verschlossen und reserviert: im übertragenen Sinne wie eine Art Jeans-Hose mit Bügelfalte. Ist es also ein Wunder, daß genau dieses und auf diese Weise regelmäßig zubereitete Kleidungsstück für ihn zu einer Art uneingetragenem Markenzeichen wurde? Dazu trug er übrigens ähnlich häufig einen Blazer, den er über beide Schulterblätter zog, ohne jedoch seine Arme durch die Ärmel gezogen zu haben. In geschäftlichen Dingen war er stets korrekt und genoß einen erstklassigen Ruf.
Axel Hecht betrachtet im Beisein seiner Bügelfaltenjeans auf der Art|Basel eine Posterserie mit Skulpturen, die eine städtische Freilichtdauerausstellung bewerben.
Auflagentechnisch blieb das art-Magazin übrigens über zehn Jahre lang hinter den verlegerischen Erwartungen zurück, obwohl es zwar faktisch die höchste verkaufte Auflagenzahl von allen anderen damals exisitierenden Kunstzeitschriften (Kunstforum, Weltkunst, Magazin KUNST, Flash Art, Wolkenkratzer) vorweisen konnte, aber noch einiges davon entfernt war, die ungleich höheren Produktionskosten wieder einzuspielen. Auf der Art|Basel hieß es deshalb lange Zeit und Jahr für Jahr hinter vorgehaltener Hand, daß dieses Jahr wohl das letzte Jahr für das art-Magazin sei.
Das mag wohl richtig gewesen sein, aber andererseits – und so berichtete man ebenfalls lange Zeit und Jahr für Jahr hinter vorgehaltener Hand – würde der Verleger und Kunstsammler Henri Nannen immer mal wieder «die eine oder andere Million aus privater Tasche nachschießen». Was wir in diesem Zusammenhang genau sagen können, ist, daß wir nichts Genaues sagen können. Aber, und das mag vielleicht eine benchmark sein: Der Burda-Verlag stellte das Erscheinen seines ebenso ambitioniert produziertes Kunstmagazins «PAN – Unsere herrliche Welt» (Erst-VÖ: Mai 1980) im Jahre 1992 ein. Inzwischen schreibt das art-Magazin längst schwarze Zahlen.
Am 1. Januar 2005 übergab Axel Hecht die Chefredaktion des Kunstmagazins art an Tim Sommer, der bis dahin einer der beiden stellvertretenden Chefredakteure war. Axel Hecht blieb Herausgeber bis 2006. Er war Vorsitzender des Stiftungsrates der Kunsthalle Emden sowie der Schenkung van de Loo.
Unser Aufmacherfoto entstand im Jahre 1988 während des mit der Verleihung des «Kaiserring der Stadt Goslar» direkt verknüpften «Kaisermahl». Axel Hecht hielt die Laudatio auf Gerhard Richter und unser Redaktionsfotograf konnte es sich nicht verkneifen, die gesamte Veranstaltung ausschließlich durch das von ihm damals frisch erworbene 16mm-Vollformat-Fisheye-Objektiv zu fotografieren. Die vollständige Bildstrecke ist bei uns in die Darstellung seiner Vita integriert und hier einsehbar.
***
Sensibles Thema. Deshalb keine Kommentarmöglichkeit.
***
Tags: art - Das Kunstmagazin, Axel Hecht, Nachruf
You must be logged in to post a comment.